Was ich auch nicht wusste, ist, dass immer noch neue, bisher unbekannte chemische Elemente entdeckt werden. Erst kürzlich fand man die Elemente 114 und 116. Mit den chemischen Elementen ist es ja wie mit den Bezirken der Stadt Wien, sie haben sowohl eine Nummer als auch einen Namen, also der 13. Bezirk ist Hietzing, der 21. Floridsdorf, aber das ist eine abgeschlossene Geschichte, schon seit längerer Zeit ist kein neuer Wiener Bezirk mehr entdeckt worden, so sehr man sich auch bemüht.
Bei den Elementen jedoch geht es immer weiter, wobei die Elemente 114 und 116, wenn ich alles richtig verstanden habe, nicht in der Natur aufgefunden wurden, man hat sie vielmehr künstlich erzeugt, und nun sind sie da, nur Namen haben sie nicht. Wie sollen die Elemente 114 und 116 heißen? Das davor zuletzt entdeckte Element 112 wurde Copernicium getauft, nach Kopernikus, dem Astronomen, 111 heißt Roentgenium nach dem berühmten Röntgenologen, 110 tatsächlich Darmstadtium – das einzige Element, das man nach einer deutschen Stadt benannte.
Wie wäre es mit Dirknowitzkium oder, nein, besser noch Ballackium? Um dem einst besten deutschen Fußballer, der nie einen ganz großen Cup gewann, nach den scheußlichen Kränkungen durch den Trainer Löw einen Platz in der Ewigkeit zu sichern, dort, wo es niemand erwartet?
Übrigens las ich einen Artikel über Wasserwanzen. Man hat festgestellt, dass eine Wasserwanze namens Micronecta scholtzi das lauteste Tier der Welt ist, gemessen an der Körpergröße gibt es kein Wesen, das mehr Krach macht; weder Waldkauz, Elefant, Blauwal noch Gottesanbeterin sind konkurrenzfähig, geht es um Lärm. Denn die Wasserwanze ist zwar nur zwei Millimeter lang, aber laut wie eine Autohupe. Setzt man die Lautstärke in Beziehung zu ihrer Körpergröße, schlägt sie jeden Blauwal um Längen.
Wobei interessant ist, dass niemand weiß, wie die Tiere es schaffen, so laut zu sein. Das Wanzengeräusch entsteht, wenn Wanzenmänner einen Teil ihrer Genitalien über eine Kante im achten Segment ihres Hinterleibs reiben, ein beachtlicher, wenn auch nicht beneidenswerter Vorgang. Er findet in einem Bereich statt, der nur fünfzig Mikrometer groß ist und in dem es keine nennenswerten Resonanzräume gibt.
Alles, was sich sagen lässt, ist, dass es ein ausgesprochen kluger Schachzug Gottes war, bei der Erschaffung der Welt die Wasserwanze klein zu machen. Man stelle sich vor, dieses Wesen hätte auch nur Hundegröße: Die Welt wäre ein unbewohnbarer Ort, durchseucht von tosendem Wanzengehupe.
Mich hat natürlich interessiert, warum das Tier Micronecta scholtzi heißt. Scholtzi? Wer war Scholtz? Es muss sich um Heinrich Scholtz gehandelt haben, der 1853 ein wegweisendes Buch über Land- und Wassermollusken in Schlesien geschrieben hatte und nach dem auch Marstoniopsis scholtzi benannt wurde, heute besser bekannt als Marstoniopsis insubrica oder noch besser als (ich scherze nicht) Schöngesichtige Zwergdeckelschnecke. Schöngesichtige Zwergdeckelschnecke. Natürlich fiel mir bei diesen Worten gleich schon wieder Ballack ein, der ja ein ausgesprochen schönes oder doch jedenfalls attraktives Gesicht hat, dessen Art, Fußball zu spielen aber auch immer etwas Schneckenhaftes zu eigen ist, ein zäh-träges Moment, das ausgeglichen wird durch die Genauigkeit seiner Pässe und die hämmernde Gewalt seines Schusses.
Andererseits, Ballack: Kann es für einen Fußballer überhaupt einen besseren Namen geben, der Ball schon im Namen, aber auch das Ballernde? Fußballack, dessen Rückennummer immer die 13 war, die Unglückszahl, was vielleicht etwas sagen will, die 13, die im Periodensystem der Elemente das Aluminium bezeichnet, was in unserem Zusammenhang bedeutungslos ist. Vielleicht könnte man, wenn eines Tages Forscher irgendwo auf der Welt wieder mal einen Fußballer mit einer 13 auf dem Rücken entdecken, ihn einfach erneut Ballack nennen?
Illustration: Dirk Schmidt