Das Beste aus meinem Leben

An und für sich sollte hier ein Text stehen. Aber es tut mir Leid. Es tut mir sehr, sehr Leid. Diese Woche steht hier kein Text. Was Sie sehen, ist kein Text, auch wenn es aussieht wie ein Text, es hat bloß die äußere Anmutung eines Textes, es ist von seinem inneren Wesen her kein Text, es konnte kein Text entstehen in dieser Woche, was sich also hier vor Ihren Augen befindet, ist, harumm, röchel… etwas anderes.Es ist nämlich folgendermaßen gewesen.Morgens, wenn ich mein Büro betreten habe, läuft Tag für Tag ein immer gleiches Programm ab. Ich öffne die Balkontür, schalte schon auf dem Weg dahin den Computer ein, knipse auf dem Rückweg die Espressomaschine an, nehme die Tageszeitungen aus der Tasche und lege sie vor das Sofa, fülle Wasser in den Tank der Espressomaschine, mache den Anrufbeantworter aus und das Telefon an, nehme Milch aus dem Kühlschrank und bereite einen Cappuccino zu.So mache ich es immer. Jeden Morgen das Gleiche.Gestern. Und hoffentlich auch morgen. Und heute natürlich, wobei, na, heute eben nicht. Dazu gleich mehr.Zunächst: Welchen Sinn hat die Wiederholung des Immergleichen?Sie gibt mir Sicherheit. Sie zeigt mir, dass sich auch heute wieder die materielle Welt meinen Befehlen unterwirft und mir zur Verfügung steht. Sie nimmt mir die Angst. Alles ist noch da, wie es gestern da war. Es funktioniert, wie es gestern funktioniert hat. Das gibt mir die Zuversicht, die ich brauche, um mich zu setzen und zu arbeiten. Ohne Zuversicht muss man gar nicht anfangen. Wenn die Espressomaschine funktioniert und der Computer und der Kühlschrank auch, dann gibt es wenig Grund, warum ich nicht ebenfalls funktionieren sollte.Das sind keine Kleinigkeiten. Das ist nichts Banales. Auch der Fischer prüft sein Netz, bevor er auf den See hinaus fährt, und der Jäger geht nicht in den Wald, ohne sein Gewehr zu kontrollieren.Heute aber erschien auf dem Display der Espressomaschine, nachdem ich sie angeknipst hatte: »Störung 8«. Ich wusste nicht, was »Störung 8« bedeutet, sah in der Gebrauchsanleitung nach, fand es nicht, suchte nach einer Hotline-Nummer des Herstellers, fand sie, wollte anrufen – aber der Anrufbeantworter meines Telefons ließ sich nicht abschalten. Und immer, wenn ich eine Nummer wählte, hörte ich nach zwei Zahlen tüt-tüt-tüt-tüt… Und am Computer funktionierte der Internet-Zugang nicht.Kein Zweifel. Der Aufstand der Dinge hatte begonnen. So ähnlich müssen sich Könige fühlen, wenn der Staatsminister bei der morgendlichen Ankleidezeremonie erklärt: »Majestät, der Pöbel hat sich erhoben, bereits ist Euer geliebter Hofgarten verwüstet, die Garde…«Ich nahm aus dem Schrank eine längliche Schachtel, die ich in einem Schokoladengeschäft erworben hatte. Ich dachte eigentlich, es wären vier, fünf Pralinés darin, und wollte eines essen, um mich zu stärken. Aber in der Schachtel befanden sich keine Pralinés, sondern einen Tube Schoko-Creme, nutellaartig. Ich versuchte aus der Tube etwas Creme auf einen Kaffeelöffel zu drücken, aber die Creme war zäh, es kam nichts heraus, so dass ich die Tube schließlich in die Faust nahm und würgte. Wieder kam zunächst nichts, bis nach Sekunden die Tube am Ende aufplatzte und mit furzendem Geräusch ein Flatschen Schoko-Creme herausschoss, teils mir ins Gesicht und aufs Hemd, teils an die Zimmerdecke.Der Tag war beendet, bevor er begonnen hatte. Unmöglich zu arbeiten. Also kein Text, nur dieses Zeug…