Bei flüchtiger Betrachtung der Liste von Kanzlerkandidaten der SPD seit 1949 fällt mir auf, dass mehr als die Hälfte der zwölf Namen mit Sch beginnt: Schumacher, Schmidt, Scharping, Schröder, Schteinmeier, Schteinbrück, Schulz. Bedenkt man, dass Schmidt zwei Mal und Schröder sogar drei Mal kandidierten, wird die Sache noch eklatanter: Bei 19 Bundestagswahlen (inklusive der bevorstehenden) trat die SPD zehn Mal mit Sch an.
Nüchterne Charaktere werden einwenden, diese Vorliebe für das Sch müsse einen bei den Schozialdemokraten doch nicht wundern. Dazu möchte ich sagen, dass es auf der Unionsseite keine Entsprechung gibt. Nirgends findet sich ein Name der mit U begönne, kein Udenauer, Urhard, keine Urkel. Und was das Sch angeht, haben wir dort nur Schtrauß und Schtoiber.
Übrigens konnten die beiden Letztgenannten ihre Wahlen nicht gewinnen, wurden aber jeweils von einem Sch geschlagen, Schtrauß von Schmidt und Schtoiber von Schröder, ist das nicht irre? Man kann tatsächlich sagen, dass die SPD eine Wahl gewinnt, wenn sie mit einem Kandidaten antritt, der den gleichen Anfangsbuchstaben wie der Unionsvertreter hat; bei Brandt gegen Barzel ist genau das passiert, ansonsten gab es den Fall allerdings noch nie. Die besten Chancen gegen Merkel hätte, so gesehen, Franz Müntefering gehabt. Schäuble gegen Schulz? Wäre eine klare Sache gewesen, für Schulz.
Kürzlich habe ich gelesen, die Leute von der Jobsuchmaschine Adzuna hätten die Vornamen von Topverdienern untersucht und dabei festgestellt: Je kürzer und einfacher auszusprechen ihr Name ist, desto mehr Geld verdienen die Menschen. Einer, dessen Vorname drei Silben hat, verdient im Schnitt 13 315,69 Euro pro Jahr weniger als jemand mit nur einer Silbe. Der absolute Spitzenreiter in dieser Tabelle: Dirk. Wer Dirk heißt, hat in Deutschland finanziell im Prinzip ausgesorgt. Bei den Frauen war der ertragsreichste Name Sabine, das geht ja auch flott von der Zunge. Aber Sabine liegt mehr als 36 000 Euro jährlich hinter Dirk, eine unfassbare Ungerechtigkeit und natürlich ein Thema für die SCHPD! Doppelnamen hätten es nicht einmal ins Ranking geschafft, lese ich; man gehe da in den Vorstandsetagen von familiär erblicher Unentschlossenheit aus.
Was die Kanzlerkandidaten angeht, so kann man ebenfalls sagen: Je kürzer der Name, desto größer die Siegchance. Bei bisher 18 Wahlen gewannen zehn Mal die Bewerber mit weniger Buchstaben, nur sechs Mal der längere Name, zwei Mal war die Zahl gleich, so ja auch jetzt. Adenauer hatte Glück, dass er gegen Schumacher und Ollenhauer antreten konnte, aber er besiegte auch Brandt, was vielleicht mit einer besonderen Fähigkeit zu tun hatte, von der die frühere Sekretärin des Altkanzlers vor Jahren berichtete: Adenauer habe sehr »einsilbig« sein können. Nebenbei gesagt, hieß der letzte US-Präsident mit mehr als sieben Buchstaben Eisenhower, er schied 1961 aus dem Amt. Die Leute können sich so was nicht mehr merken, Trump ist das Maximum. Interessant ist, dass sich sechs der Nachnamen von zwölf bisherigen sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten in der Liste der häufigsten deutschen Nachnamen finden. Von der Union keiner. Was bedeutet das nun wieder?
Noch interessanter: Die SPD versucht es seit 1994 (Scharping) Wahl für Wahl wieder mit dem Sch, obwohl in fast siebzig Jahren bei 18 Wahlen nur vier Mal ein Sch gewann - und für Schulz sieht es auch nicht nach einem Erdrutschsieg aus. Dennoch euphorisierte er die Partei anfangs, ich glaube: wegen seiner Anfangsbuchstaben. Wird das je enden?
Nun, Schulz hat als Parteivorsitzender fünf Stellvertreter, Aydan Özoğuz ist eine davon. Die Nachnamen der anderen: Scholz, Schwesig, Schäfer-Gümbel und Schtegner.
Illustration: Dirk Schmidt; Foto: dpa