Noch ist die Kommunikation mit Maschinen für viele Menschen eine einseitige Sache: Sie nennen ihr Auto eine »verdammte Mistkiste«, die »endlich anspringen« solle. Sie herrschen ihren Computer in haltloser Weise an, bepöbeln ihn als »langsamen, faulen Drecksapparillo«, erniedrigen ihn, indem sie ihn ungefragt duzen. Sie schreien: »Was machst du jetzt schon wieder?« Sie werfen Telefone an Wände, obwohl die Stimme, die aus dem Telefon kam, nicht die Stimme des Telefons war, sondern die eines imbezilen, gemütskranken, sein Leben unter einem Headset verschnarchenden Hotline-Mitarbeiters.
Man wird sagen dürfen: So ist es nun einmal. Der Apparat, der sich seinen eigenen Funktionen verweigert oder der sie nur wie ein mürrischer Knecht unzureichend erledigt oder der uns nur mit Leuten verbindet, die sich mit von Impertinenz tropfenden Stimmen für die Behebung irgendwelcher Defekte an gerade erst gekauften Geräten für unzuständig erklären, dieser Apparat also hat kein Recht auf Würde; seine Erniedrigung ist ihm, selbst wenn er ein Sonderangebot gewesen wäre, eingepreist.
Die Geräte sind, größtenteils jedenfalls, noch stumm. Doch wie wir Frau Zukunft samt dem ständig um ihre Knöchel kläffenden Hündchen namens »Fortschritt« kennen: Es wird so nicht bleiben. Hören wir das Neueste aus den Laboren des großen Google-Molochs! Dieser sich als Unternehmen tarnende Satanskrake plant, wie wir wissen, das fahrerlose Auto, von dem es heißt, es werde uns, ohne dass wir etwas anderes zu tun hätten, als ein Fahrziel zu äußern, in sowohl untertänigster als auch geräuschlosester Weise von A nach B bringen, ja, sogar nach C oder D. Das ist, wie jeder Zukunftskenner unterschreiben wird, in einer Weise lachhaft, dass man vor Wut am liebsten einen Luftbefeuchter zerhacken würde: Es ist wohl klar, dass wir eines Tages en masse in diesen lenkradlosen Kisten sitzen werden, hilflos grölend: »Ich habe dir vier Mal gesagt, ich will nicht ›Mutter holen‹, ich will nur ›Butter holen‹, kannst du kein ›B‹ von einem ›M‹ unterscheiden, du gehörloser Asphaltpickel!?«
Doch vernehmen wir weiter Googles scheußliche Vorhaben: Das Auto soll sprechen lernen. Als hätte es nie sprechende Pkws gegeben wie K.I.T.T., den schwarzen Pontiac in Knight Rider, der die Geräuschkulisse eines Polizeiaufgebots nachahmen konnte und über einen eingebauten Geldautomaten verfügte, das nur nebenbei. Es (das Auto also) soll mit Fußgängern Kontakt aufnehmen und es von seinen Absichten in Kenntnis setzen. Es könnte also auf einem Display zu lesen sein, das Auto plane eine Links-Abbiegung. Das Auto könnte aber auch, im Falle eines Abgelenktseins des Fußgängers, der, wie es der übliche Mentalzustand von Fußgängern ist, in das Studium der auf seinem Smartphone-Display dargebotenen Scheußlichkeiten des Weltgeschehens oder der Bin-gerade-Kaufhof-Informationen seines Freundeskreises vertieft ist, das Auto also könnte aber auch laut rufen: »Achtung, ich biege jetzt links ab!« Was aber, wenn der Fußgänger nicht nur optisch absorbiert ist? Wenn er also, den Kopf unter riesigen Schmuck-Kopfhörern verborgen, der Umwelt auch akustisch entzogen ist? Dann wird das Auto lauter rufen müssen, nicht wahr? Sodass wir – an einer Straßenecke wohnend und uns gerade noch auf die oft versprochene Geräuschlosigkeit von Elektroautos gefreut habend – nun Tag für Tag zweihundert Mal im Minimum »Achtung, ich biege jetzt links ab!« vernehmen.
Ganz zu schweigen von der Aussicht, dass binnen Kurzem eine Fußgängerbeschimpfungs-Software verfügbar sein wird, mit der Autos mit derbem »Mach dich vom Acker!« den Bürger auf die nach ihm benannten Steige scheuchen würden.
So werden wir seufzend die Fenster schließen, vor denen schreiende Autos fahren, und, um zu vergessen, die Ferndrückung des Fernsehers bedienen, nur um ein kräftiges »Was kuckstu?« zu hören.
Illustration: Dirk Schmidt