»Vom Feld in die Regale beträgt die Marge auch mal 1000 Prozent«

In seinem Buch »Agromafia« beschreibt Oliver Meiler, wie die Mafia am Export von Tomaten, Olivenöl und Mozzarella verdient. Im Interview gibt der SZ-Journalist Tipps, wie man beim Einkauf den Kampf gegen die Clans unterstützen kann.

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SZ-Magazin: Herr Meiler, Sie schreiben in Ihrem Buch, die Lebensmittelindustrie sei zum zweitwichtigsten Geschäft der italienischen Mafia geworden – nach dem Drogenhandel.
Sind Tomaten das neue Kokain? 
Oliver Meiler: Ja, das kann man so sagen. Tomaten sind ein großartiges Margengeschäft, ähnlich wie Kokain. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass die pomodori, die Goldäpfel, wie die Italiener zu den Tomaten sagen, legal sind und wunderbar nach Süden und Sonne schmecken. Nehmen wir eine gepriesene Sorte, etwa die Tomate aus Pachino im südlichsten Sizilien: Die Mafia hat die ganze Lieferkette unterwandert, vom Anbau auf eigenen Äckern über den Handel mit Düngemitteln, mit Plastikplanen für die Treibhäuser, mit Holzpaletten für den Transport, mit den grünen Plastikkörben, mit dem Transport selbst – alles unter der Kontrolle der Clans. Im Großmarkt von Vittoria, dem größten im Süden Italiens, bestimmen sie dann die Preise für ihre Ware. Zwei Söhne von Bossen der örtlichen Clans saßen sogar im Gremium, das darüber entscheiden sollte, welche Marken die höchsten Qualitätssiegel verdienen. Natürlich waren ihre eigenen Marken dabei. Und von den Gütesiegeln hängt ab, wie viel die Tomate am Ende ihrer Reise kostet, in Berlin oder New York.