»Es gibt nicht die einzige authentische Bolognese«

Die Küchentraditionen verschiedener Länder und Kulturen vermischen sich ständig – aber nicht zufällig. Der Food-Ethnologe Sebastian Schellhaas erklärt, warum Kimchi in Deutschland inzwischen beliebt ist und Spaghetti mit Tomatensauce nicht so italienisch sind, wie wir glauben.

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SZ-Magazin: Als Food-Ethnologe beschäftigen Sie sich mit der Globalisierung des Essens. Haben Sie eine Erklärung für das Phänomen »Pizza con Wurstl«, das seit einigen Jahren in Italien auf Speisekarten zu finden ist?
Sebastian Schellhaas:
Nicht immer ist nachvollziehbar, wie und warum sich Küchen mischen. Ich könnte mir vorstellen, dass Kinder Frankfurter Würstchen lieber mögen als eine geräucherte, knorzige Salami. Fein gekutterte, homogene, helle Wurst gibt es sonst nicht in Italien, außer vielleicht Mortadella. Vielleicht nimmt eine kinderaffine Gesellschaft so ein Essen leicht an. Aber es gibt noch krassere Zusammenstellungen: In Perugia bekam ich Rindsbraten, in den Frankfurter reingebohrt waren. Das hat eine Italienerin gemacht, und ich glaube nicht, dass sie damit die Einzige in Umbrien ist.