Als Waseem mir vor ein paar Wochen von seinem neuesten Problem erzählte, musste ich zur Abwechslung einmal lachen. Waseem kommt aus Syrien und ist vor dem Krieg in seiner Heimat nach Deutschland geflohen. Seit drei Jahren lebt er in Berlin, fast ebenso lange sind wir befreundet. Die Probleme, die er hat, sind normalerweise gar nicht lustig.
Sie kreisen um Freunde, die gerade auf der Balkanroute feststecken; unangenehmen Arztbesuchen, weil der Krieg und die Flucht Spuren in Waseems Körper eingezeichnet haben; seinen Schwierigkeiten, deutsch zu lernen und einen Job zu finden; seiner Mutter, die noch immer in Syrien ausharrt.
Ausharrte – denn Waseem war es im Februar diesen Jahres gelungen, seine Mutter nach Deutschland nachzuholen. Er musste einen deutschen Freund überzeugen, dass der für seine Mutter finanziell bürgt. Seitdem wohnt sie bei ihm. Und das ist nun sein neuestes Problem. Wenn er abends mit Freunden ausgehen will, schaut sie ihn vorwurfsvoll an und fragt, wie es nur Mütter fragen können: »Muss das wirklich sein?«
Waseem ist 37 Jahre alt und hat bisher ein sehr selbstständiges Leben geführt. Er liebt seine Mutter, keine Frage, aber nun muss er auf engstem Raum mit ihr leben. Es ist kein Drama. Aber auch Waseems Geschichte gibt eine Antwort darauf, was es eigentlich bedeutet: ein Flüchtling zu sein.
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Foto: Urban Zintel