Als ich mich vor sechs Monaten auf die Suche gemacht habe nach den Kindern, die ich fast zehn Jahre vorher als Zivildienstleistender im Bus durch den Hamburger Speckgürtel gefahren habe, hatte ich nur eine Liste mit acht Namen und zwei Telefonnummern.
Es hat dann fast drei Monate gedauert. Eine Familie fand ich nur, weil die Tochter zufällig eine Anzeige bei Ebay-Kleinanzeigen schaltete, inklusive einer Telefonnummer.
Andere fand ich bei Facebook wieder und eine Mutter auf der Website eines Zahnarztes. Einmal hatte ich nur eine Adresse und habe einfach an der Haustür geklingelt. Am Ende waren sieben der acht Kinder von damals bereit sich begleiten zu lassen. Sie nahmen mich mit in die Schule, auf Sportplätze und den Apple-Store am Hamburger Jungfernstieg. Am Ende hatte ich drei Notizbücher vollgeschrieben. Das Ergebnis von mehr als 40 Stunden Gesprächen mit den Kindern, mit ihren Eltern, mit Lehrern und Pädagogen.
Im Kindergartenalter hatten diese sieben Kinder »Entwicklungsstörungen« gehabt. Viele von ihnen waren hyperaktiv, manche kamen mit anderen Kindern nicht zurecht, waren aggressiv, bissen, schubsten, traten. Bei einigen war es relativ harmlos. Bei anderen ging es mit vier, fünf Jahren schon darum, ob sie jemals ein normales Leben führen würden.
Was sie voneinander unterschied war ihre Herkunft: Drei von ihnen waren typische Mittelschichtskinder, die anderen kamen aus deutlich ärmeren Familien. Die Frage war: Was für einen Unterschied macht der soziale Hintergrund, gerade bei Kindern, die schon in ihren ersten Jahren Probleme haben?
Foto: Robin Hirsch