Jahre habe ich gebraucht, um mit dem Tod meines Mannes fertig zu werden. Er war mein Ein und Alles. Ein Jahr nach dem Ausbruch meines eigenen Krebses bekam er Magenkrebs bekommen und starb zwei Wochen nach der Diagnose in meinen Armen. Meine eigene Krankheit hatte ich in der Sorge um meinen Mann völlig vergessen. Nach seinem Tod dachte ich zunächst, dass ich selbst die Krankheit besiegt hätte. Doch im Mai 2006 entdeckte mein Arzt Metastasen am Bauchfell. Ein halbes Jahr, mit Chemotherapie maximal ein Jahr gab er mir damals noch zu leben. Eine Operation war nicht mehr möglich. Ich war am Boden und hatte weder Kraft noch Lust weiter zu kämpfen. Ich wollte zu meinem Mann.
Dann kam ein Freund meines Mannes an mein Bett und sagte: „Wenn Du in einem Vierteljahr im Sterben liegst, wirst du Dich ärgern, dass Du die Chemo nicht wenigstens versucht hast!“ Das hat gesessen. Ich beschloss, mich noch einmal mit Chemie vollstopfen zu lassen. Seitdem sind 18 Monate vergangen – ich lebe immer noch und es geht mir sehr gut. Andererseits konnten bei der Chemo nur 80 Prozent der Krebszellen abgetötet worden, 20 Prozent sind noch da. Ich muss abwarten und mich ständig untersuchen lassen. Sobald es kleinste Anzeichen gibt, dass der Krebs wieder wächst, muss man reagieren und die Chemo wieder aufnehmen. Ich sitze auf einem Pulverfass, von dem ich nicht weiß, ob es explodiert. Vor kurzem habe ich einige Dinge geregelt, weil ich nicht weiß, wie lange ich noch lebe. Ich habe eine Patientenverfügung gemacht, weil ich als Krankenschwester jahrelang gesehen habe, wie Menschen trotz ihrer Leiden noch künstlich am Leben gehalten werden, weil sie keine Verfügung unterschrieben haben. Auch meine Beerdigung ist durchgeplant. Ich werde in Jeans in einem hellen Sarg mit schwarzem Dreieck und roter Rose auf der Oberseite bestattet. Die Grabrede, die mir ein Freund halten wird, habe ich selbst verfasst. Es geht darin nicht um die große Trauer, sondern um einen Rückblick auf mein Leben. Auch meine eigene Todesanzeige habe ich formuliert: „Es war schön, hier gewesen zu sein, Eure Eva.“ Aber ich hoffe, dass ich das alles erst in zwanzig Jahren brauche.