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Hyaluronsäure. Kein Mensch kann ihren Namen ordentlich aussprechen, aber diese Säure bewirkt so viele Wunder, dass in der Schönheitsindustrie bald kein Cremetopf mehr auf dem anderen bleibt.

Hollywood bekommt keine Falten, und Cher altert nicht. Sie sieht aus, als verbrächte sie ihr Leben im Windkanal. Ihre Waffe gegen Falten: das Skalpell. Auch Sharon Stone und Nicole Kidman bleiben jung und glatt – wie weichgezeichnet. Aber sie lassen keine Haut hinter den Ohren vernähen. Das Geheimnis ihrer leicht gepolsterten Kissengesichter hat einen Namen. Und der geht schwer über die Lippen: Hyaluronsäure. Hyalu-was? Ja, genau die.

Bis vor Kurzem wussten wir noch nicht einmal, dass es sie gibt. Jetzt erobert die Hyaluronsäure Tiegel und Töpfe. Sie soll unsere Haut jünger aussehen lassen, aber das ist es nicht allein: Ein bisschen Säure, und die Kontaktlinsen werden leichter tragbar, die Nase frei und feucht und Narben fast unsichtbar. Hyaluron-Mascara lässt die Wimpern dichter erscheinen, Lippenstift, mit Hyaluron versetzt, zaubert einen Kussmund. Aber sie ersetzt auch Silikon: Brüste, ausgemergelte Fingergelenke, zu dünne Waden oder ein flacher Po werden mit etwas Gel in Form geknetet. Gegen drückende Schuhe hilft ein Hyaluron-Polster unter dem Ballen. In Japan ist man von Hyaluron so begeistert, dass dort Beauty-Drinks und Kaugummis damit versetzt werden. »Hyalos« heißt auf Altgriechisch »Glas«. Erstmals haben Forscher die Hyaluronsäure nämlich im sogenannten Glaskörper von Rinderaugen gefunden. Sie steckt aber im ganzen Körper und hält vor allem in Haut und Bindegewebe die Zellen zusammen, auch beim Menschen. Die Säure schmiert zudem die Gelenke und federt dort sogar Stöße ab. Ursprünglich hat die Industrie sie aus Hahnenkämmen gewonnen, in denen die Säure konzentriert vorkommt, heute produzieren Bakterienkulturen Nachschub. Chemisch betrachtet, ist die Säure eine Kette aus Zuckermolekülen, praktisch ein Wassermagnet: Bis zu 6000-mal mehr Wasser kann dieses Molekül binden, als es selbst wiegt – wie eine Super-Pampers.

Das macht die Hyaluronsäure für Kosmetik und Medizin so interessant. Denn nach dem Säuglingsalter geht es, was die Haut betrifft, abwärts. Glatt wie ein Kinderpopo startet der Mensch ins Leben, frisch und beweglich. Nicht nur die Zeit, auch Sonne, Zigaretten und Fast Food lassen die Vorräte an Hyaluron im Körper schrumpfen. Wer vierzig ist, hat nur noch halb so viel davon im Körper, wer sechzig ist, gerade noch zehn Prozent. Die Haut wird faltig, Gelenke knirschen. Seit über zehn Jahren spritzen Ärzte Hyaluronsäure in arthritische Knie. Dieselben Injektionen lassen auch lahme Pferde wieder gehen.

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Der Mensch dagegen kämpft noch ganz andere Kämpfe, gegen Nasolabialfalten und Krähenfüße zum Beispiel. Botox, das Nervengift, schien das Problem für jene zu lösen, denen der Schritt in den Operationssaal nun doch zu groß war. Nun beginnt die Hyaluronsäure Botox Konkurrenz zu machen. Beide Faltenkiller bauen sich von selbst ab, nach Monaten bis Jahren ist der Mensch wieder ganz der Alte. Weil aber die Hyaluronsäure nicht wie Botox Muskeln lahmlegt, kann man auch weiterhin lachen und die Stirn runzeln, was manchmal ja sein muss.

Knapp 82 000 Faltenbehandlungen mit der Spritze hat die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie 2007 registriert. Bei jeder zweiten Behandlung wurden sogenannte Füllstoffe unter die Falten gespritzt – und immer häufiger ein Gel aus Hyaluronsäure, 64 Prozent mehr in einem Jahr. Die Spritze ist nicht nur weniger schmerzhaft und aufwendig als eine Operation, sondern auch viel günstiger. Ungefähr 300 Euro kosten sechs glatte Monate. »Wollen Sie lieber faltenfrei sein?«, fragt das Spruchband, das im Wartezimmer einer Münchner Frauenärztin über den Bildschirm läuft, darüber das Bild eines chinesischen Faltenhundes. Hier wird Hyaluronsäure gespritzt. Auch Zahnärzte lernen das Faltenunterspritzen für vollere Lippen im Wochenendseminar.

Was wirksames Anti-Aging ist und was Geschäftemacherei, versuchen Wissenschaftler zu klären. So viel scheint klar: Je tiefer der Wirkstoff in die Haut eindringt, desto besser das Ergebnis. Bleibt noch das Namensproblem: Obwohl sie fast überall drin ist, steht Hyaluron noch auf wenigen Tiegeln und Töpfchen drauf. Zu sperrig der Name. Dabei würde häufiges und prononciertes Aussprechen der Faltenbildung um den Mund vorbeugen.

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Für Katja Riedel hatte es etwas Tröstendes, dass auch die schönsten Frauen Falten hatten: Berliner Forscher unterzogen nämlich die berühmte Nofretete-Büste einer Computertomografie – und fanden unter der Gipsschicht ein Gesicht mit Falten und krummer Nase.

Foto: Getty