Frau Zopf, welche Rolle spielen Säfte in Ihrer Arbeit?
Hier in der Klinik haben wir viele Patienten mit Ernährungsproblemen. Oft sind es Fälle mit entzündlichen Darmerkrankungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, krankhaftem Übergewicht und Krebs. Bei Übergewichtigen können Säfte ein Fluch sein. Gerade wenn mehrere Liter in der Woche getrunken werden, muss man tatsächlich Einhalt gebieten.
1950 machte die deutsche Fruchtsaftindustrie umgerechnet 26 Millionen Euro Umsatz, 2020 waren es 3,17 Milliarden. Deutschland ist nach Angaben des Fruchtsaft-Industrieverbandes Weltmeister: Knapp 30 Liter Säfte und Nektare werden im Durchschnitt pro Person und Jahr getrunken. Ist diese Entwicklung grundsätzlich erfreulich oder unerfreulich?
Eher unerfreulich. Wir als Ernährungsfachleute wollen, dass Patienten ihr Obst und Gemüse möglichst im Ganzen essen – wir trinken immer noch zu viel Fruchtsäfte, obwohl der Verbrauch etwas rückläufig ist. Aber es kommt auch immer darauf an. Wenn jemand Schwierigkeiten hat, Obst zu essen, zum Beispiel weil es ihm einfach nicht schmeckt oder weil er Kauprobleme hat, dann ist es schon in Ordnung, das mit Fruchtsaft zu kompensieren – solange es nicht mehr als 200 Milliliter am Tag sind und keine zuckerhaltigen Getränke dazukommen.