Die Geschichte des Teheraner Museums für Zeitgenössische Kunst (TMoCA) erinnert an ein persisches Märchen: Die letzte Kaiserin des Irans, Farah Pahlavi, baut eine sagenumwobene Sammlung moderner westlicher Kunst auf, die größte außerhalb Europas und der USA, darunter ein zentrales Werk aus Picassos surrealistischer Phase, ein Jackson Pollock, geschätzter Wert heute 400 Millionen Euro; Bronzestatuen von Alberto Giacometti, Skulpturen von Max Ernst, Henri Matisse und Henry Moore, Gemälde von van Gogh und Monet, mehrere Bacons, Rothkos und Lichtensteins, Installationen von Donald Judd und Dan Flavin.
Ein Who’s who der jüngeren Kunstgeschichte, insgesamt mehr als 1500 Werke. Kurz nachdem das Museum 1977 vollendet ist, bricht die Revolution aus. Die Kaiserin und der Kaiser fliehen ins Exil, das Land fällt in Isolation. Die Kunstwerke werden für Jahrzehnte in einen Keller verbannt – und nur einer hat den Schlüssel.
39 Jahre nach der Museumseröffnung, ab Anfang Dezember diesen Jahres, soll nach langwierigen Verhandlungen mit dem Mullah-Regime eine Auswahl der Sammlung in der Berliner Gemäldegalerie ausgestellt werden – eine künstlerische Weltsensation.
Der Mann mit dem Schlüssel, der fast vier Jahrzehnte lang den Kunstschatz hütete, heißt Firouz Shahbazi. 65 Jahre alt, ein gutmütiger Mann mit feinen Grübchen im Gesicht. Die Geschichte des TMoCA ist auch seine ganz persönliche Geschichte. Viele in Teheran sagen, Shahbazi habe die Werke gerettet. Alle bis auf den einen Warhol. Shahbazi erzählt es gerne andersherum: Der Kunstschatz rettete ihn. »Ohne die Sammlung wäre ich längst tot.«
Shahbazi hat einen Hang zur Melodramatik, die Bilder nennt er »meine Kinder«. Er liebt sie alle. Jeden Rothko, jeden De Kooning, jeden Lichtenstein. Seine Seele lebt im Museum. Skulpturen und Gemälde sind ihm näher als Menschen. Wie er, ein einfacher Fahrer aus dem Westen Teherans, dazu kam, über den Kunstschatz der letzten iranischen Kaiserdynastie zu wachen, wisse nur Allah, sagt Shahbazi.
Foto: Newsha Tavakolian