»Gott vergibt, also ich auch«

Andy Warhol zählte zu den renommiertesten und geschäftstüchtigsten Künstlern der Welt, vor 35 Jahren starb der US-Amerikaner. Das »SZ-Magazin« befragt ihn posthum: ein Gespräch, in dem sämtliche Antworten aus Warhols früheren Büchern und Interviews stammen.

SZ-Magazin: Herr Warhol, 1964 erschien in Ihrer Factory am Union Square in Manhattan eine Frau um die 30, deren Identität nie geklärt werden konnte. Sie holte eine Pistole hervor und schoss Löcher in drei Bilder von Ihnen, die Marilyn Monroe zeigten.
Andy Warhol: Dann drehte sie sich zu mir um, lächelte, ging zum Lastenaufzug und verschwand. Ich hatte nicht einmal Angst. Es kam mir vor wie ein Film.

Drei Jahre später drang ein bewaffneter Mann in die Factory ein.
Er richtete die Pistole auf den Kopf meines Mitarbeiters Paul Morrissey und drückte ab – nichts passierte. Na also, dachte ich, es ist bloß ein Scherz. Dann richtete er die Waffe auf die Decke und drückte wieder ab – und diesmal ging die Waffe los. Dann zog der Typ eine Damenregenhaube aus der Tasche und setzte sie mir auf. Alle saßen da und brachten vor Angst kein Wort heraus. Plötzlich rannte der Typ die Treppe runter und stieg auf der Beifahrerseite in einen großen Wagen mit offenem Kofferraum. Dann fuhr der Wagen weg.