Wenn ihr wüsstet

Unsere Autorin, 63, hat große Angst vor dem letzten Viertel ihres Lebens. Doch junge Menschen regieren auf ihr Schicksal oft mit Geringschätzung, dabei droht ihnen bald dasselbe. Unsere Autorin erkundet ihre Angst – und warnt die Jungen schon mal vor.

Auch das gehört zum Älterwerden: der melancholische Blick zurück auf das jüngere Ich.

Illustration: Niklas Wesner

Liebe junge Leute,

nein, ich gehe noch nicht auf den Friedhof, liegen üben. Keine Zeit, ich muss mein Alter verdrängen. Ich bin 63. In euren Augen steinalt, auch wenn ihr mir das natürlich so nie sagen würdet. In jedem Fall ist es jetzt brutal viel schwerer, mein Alter zu verdrängen, als es das mit 25 oder 47 war. Wie das geht, wenn man jung ist, wisst ihr. Wusste ich auch. Alle Gedanken ans Altwerden einfach: wisch und weg. Alt ist irgendwann später. Für mich aber ist später jetzt. Drei Viertel meines Lebens liegen hinter mir. Nehmt euch zehn Minuten und werft mit mir einen Blick auf mein letztes Viertel, wird nicht lustig, ist viel, aber nicht zu viel verlangt, finde ich, es ist irgendwann nämlich auch euer letztes Viertel, unaufhaltsam.