Der selbsternannte Islamische Staat weiß genau, wie er das Internet zum Propaganda-Instrument des Terrors machen kann. Er jagt Videos von Hinrichtungen durch die sozialen Medien. Es sind Vergeltungsschläge, Drohungen, Machtinszenierungen – alles für die Marketing-Strategie für den heiligen Krieg.
Doch im Netz hat jeder Schreck ja bekanntlich seinen Gegenschreck. Youssef Helali, 33, und Maen Watfe, 28, sind vom Terror des IS gezeichnet. Während der eine im Gefängnis landete, als er eine Anti-Assad-Demo filmte, verlor der andere im Bürgerkrieg gut ein Dutzend Freunde und musste bei einem weiteren Dutzend zusehen, wie sie von T-Shirt-tragenden Jugendlichen zu radikalisierten Kämpfern mutierten. Irgendwann hatten die Freunde aus Syrien genug und gründeten die Medienproduktionsfirma Daya Altase. Seither führen sie einen satirischen Online-Feldzug gegen die technisch versierte Social-Media-Gehirnwäsche des IS.
In den syrischen Oppositionsmedien werden die beiden mit ihrem Programm schnell als Superstars gefeiert. 2011 ziehen sie in eine gemeinsame Wohnung im Südosten der Türkei und produzieren Videos, in denen die Ideologie des Islamischen Staats immer offensichtlicher der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Ein popmusik-hörender, vor sich hin säuselnder IS-Anführer? – super. Ein geistig verwirrter Fußsoldat auf kopfloser Suche nach dem Himmel? - perfekt. Doch mit dem Erfolg der Online-Satire kommen die Feinde. Und die sind gefährlich.
Unsere Autorin hat Youssef Helali und Maen Watfe dort getroffen, wo ihre Videos entstehen – in Hinterzimmern, Privatwohnungen und an Orten, deren Namen unbekannt bleiben muss. Denn mit dem Widerstand wächst die Angst vor Vergeltungsschlägen. »Ihr seid ein leichtes Ziel«, steht da in nüchternen Buchstaben unter einem ihrer Videos. Man habe es bis nach Paris zu Charlie Hebdo geschafft. Die Heimatstadt der beiden sei als Terrorziel ein Kinderspiel.
Die Situation wird bedrohlich für die Satiriker, denn Kritik bezahlt man in diesem Regime mit Angst. Im Zweifelsfall sogar mit dem Leben.
Lesen Sie die Reportage jetzt mit SZ Plus: