SZ-Magazin: Herr Achleitner, wieso glauben Sie, dass man gerade auf dem Friedhof das Geheimnis des guten Lebens findet?
Carl Achleitner: Eine Tochter sagte mal in einem anfangs etwas stockenden Vorgespräch: »Was meine Mutter Ihnen sagen möchte, ist, dass unser Vater ein Arschloch war.« Was Angehörige mir erzählen, ist zu 100 Prozent vertraulich, da wird schon Tacheles geredet. Oft gibt es eine ambivalente Trauersituation, weil die verstorbene Person nicht nur geliebt wurde, sondern bisweilen gehasst. Bei mehr als 2500 Verstorbenen, deren Lebenswege mir erzählt wurden, war so ziemlich alles dabei, was man sich vorstellen kann – und manches, was man sich nicht vorstellen kann. Da kriegt man schon ein Gefühl davon, ob das jetzt ein gutes Leben war und was es dazu gemacht hat. Oder was eben dafür fehlte.
»Je wichtiger Geld war, desto weniger Platz hatten die eigentlich wichtigen Dinge«
Wie führt man ein gutes Leben? Carl Achleitner hat als Trauerredner mehr als 2500 Beerdigungen begleitet. Nun hat er ein Buch darüber geschrieben, was ein erfülltes Leben ausmacht – und warum Liebe dabei so eine große und Geld keine Rolle spielt.