»Man muss anerkennen, dass man Mist gebaut hat« 

Sie sind fremdgegangen, haben gelogen oder andere verletzt: Viele Menschen quälen sich jahrelang mit Schuldgefühlen. Warum sich selbst zu vergeben so wichtig ist und wie es gelingen kann, erklärt die Psychologin Maike Baumann.

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SZ-Magazin: Frau Baumann, warum ist es so schwer, sich selbst zu vergeben?
Maike Baumann: Jeder Mensch hat Grundwerte. Wenn wir entgegen diesen Werten handeln, löst das Scham aus, eines der unangenehmsten Gefühle überhaupt. Diese Scham macht es kompliziert, sich selbst zu vergeben. Viel komplizierter als anderen, im Übrigen.

Wie kommt das?
Weil man die Gefühle nicht an ein Außen delegieren und keine Absolution erhalten kann. Man muss sich mit seiner Tat aktiv auseinandersetzen und anerkennen, dass man Mist gebaut hat. Das kann sehr schmerzhaft sein, weil man vielleicht bemerkt, dass man doch nicht eine so gute Person ist, wie man dachte. Natürlich kann es auch schwierig sein, jemand anderem zu verzeihen. Aber es stellt nicht unsere Identität in Frage.