»Man verliebt sich mit 60 Jahren genauso wie mit 20«

Seit 15 Jahren erforscht Anna Machin die Liebe. Im Gespräch verrät die Anthropologin, wie Gene unsere Beziehungen beeinflussen, wie Paare sich auch physisch angleichen – und warum es unmöglich ist, ohne Liebe zu leben.

Dr. Anna Machin ist Evolutions-Anthropologin. Sie war Professorin an der Universität Oxford, nun forscht sie an der Oxford Brooks Universität. Ihre Laufbahn begonnen hat sie als Primatenforscherin in europäischen Zoos. Dann wandte sie sich den Be­ziehungen zwischen Menschen zu: Freundschaft, Liebe, Familie. Kommendes Jahr erscheint ihr neues Buch: What Love Is: The science of who we love, why we love them and what we gain from our closest relationships (Weidenfeld & Nicolson).

Foto: Immo Klink

SZ-Magazin: Warum lieben wir?
Anna Machin: Also, in einer idealen Welt wäre jeder Einzelne von uns allein. Mit anderen zusammen zu sein ist stressig. Du musst deinen Tag mit ihrem abgleichen. Musst eure Bedürfnisse in Einklang bringen: Du willst das eine, der Partner oder die Partnerin das andere – und am Ende machst du etwas, das du gar nicht wolltest. Anstregend! Wie schön ist dagegen der Gedanke, du könntest morgens aufstehen und einfach tun, was du möchtest. Aber: Mit anderen Menschen zu leben, ist vielleicht mühsam, aber ohne sie zu leben ist unmöglich. Wir spüren das deutlich in Zeiten dieser furchtbaren Pandemie. Die Evolution hat uns zu lieben gelehrt: Wir brauchen die anderen, um Nahrung zu finden, um mit ihnen und von ihnen zu lernen und uns weiterzuentwickeln. Mit der Liebe motiviert uns die Natur, mit anderen zusammenzukommen, zusammenzubleiben, Kinder aufzuziehen. Zu lieben heißt zu überleben.