»Es hat sich kaum verändert, wer in diesem Land die Taxis fährt und die Wohnungen putzt«

Fast alle Deutschen finden, dass es in ihrer Gesellschaft Rassismus gibt. Warum tun wir uns dann so schwer, ihn zu bekämpfen? Der Migrationsforscher Serhat Karakayali erklärt, warum wir häufig nicht merken, wenn wir selbst rassistisch handeln – und warum es endlich mehr braucht als gute Absichten.

Foto: iStock

SZ-Magazin: Sie beschäftigen sich seit 25 Jahren mit Migrationsdebatten in Deutschland. Ist die Gesellschaft in diesem Vierteljahrhundert vorangekommen oder haben Sie das Gefühl, man dreht sich im Kreis?
Serhat Karakayali: Das kommt darauf an, wen Sie meinen. In der wissenschaftlichen, akademischen Debatte gibt es eine unglaubliche Dynamik, in vielen gesellschaftlichen Bereichen eher Stillstand.

Wo sehen Sie Stillstand?
In den Apparaten der öffentlichen Sicherheit, etwa bei der Polizei. Immer wieder fliegen rechte Chatgruppen auf, in die Vertreter der Sicherheitsorgane verwickelt sind. Auch die Selektivität, nach der in Bildungsinstitutionen operiert wird, wie dort mit Differenz umgegangen wird, hat sich nicht groß verändert. Wer einen türkischen Namen hat, macht immer noch seltener Abitur als ein Mitschüler mit deutschem Namen. Bei diesen ganzen typischen institutionellen Rassismen beobachten wir eine gewisse Beharrlichkeit.