SZ-Magazin: Es gibt ja diesen Ohrwurm darüber, wie aus Freundschaft Liebe wird: »Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert … dann hat es Zoom gemacht!« Geht das wirklich so plötzlich und so einfach?
Birgit Kühl: Das berühmte Zoom kommt eher selten vor, wenn man befreundet ist. Im Gegenteil: Der Prozess, wie sich aus Freundschaft Liebe entwickelt, ist meistens ein schleichender. Das liegt zum einen daran, dass man die Freundschaft schätzt und sich daher gut überlegt, ob man sie wirklich aufs Spiel setzen will – und darum vielleicht auch länger braucht, bis man sich darauf einlässt. Zum anderen liegt es daran, dass dieser Knall, diese plötzliche Verknalltheit, schneller passiert, wenn man sich eigentlich gar nicht kennt. In der Verliebtheitsphase steckt man in diesem hormonellen Rausch, in dem man sich die andere Person zurechtfantasiert. Und erst allmählich findet das Mentalisieren statt: die Phase, in der wir uns bewusstwerden, was in der anderen Person vorgeht, wie sie wirklich ist. Erst wenn die Verliebtheit langsam in eine echte Beziehung übergeht, ist man in der Lage, die andere Person klarer wahrzunehmen. Wenn man sich aber schon kennt, dann kennt man auch von Anfang an die Realität.
»Ich bin mir sicher, dass das die stabileren Beziehungen sind«
Zwei Drittel aller Partnerschaften entstehen aus einer Freundschaft, sagt die Therapeutin Birgit Kühl. Wann kann man den ersten Schritt wagen? Wie gelingt es, plötzlich eine romantische und sexuelle Ebene zu finden? Und wo liegen die Herausforderungen?