Karin U., 52: Versteckspiel
Seine Scheidung war vorbei und ich fragte, ob ich nicht endlich seine zwei Kinder kennenlernen könnte. Jetzt gäbe es ja keinen Grund mehr für ein Versteckspiel. Wochen vergingen. An einem Samstagnachmittag rief er an und fragte, ob ich Zeit hätte. Sie seien zu dritt in einem Einkaufszentrum und würden gegen 17 Uhr im Bistro nebenan etwas trinken gehen. Wie ich es fände, wenn ich zufälligerweise vorbeikäme und er mich als »nette Arbeitskollegin« vorstellen würde. Ich legte auf. Und wusste nun auch, woran seine vorherige Beziehung gescheitert war.
Mika R., 29: Die Konkurrentin
Er war Musiker, 15 Jahre älter als ich. Wir sahen uns in die Augen und es funkte sofort. Ähnlich stürmisch ging es weiter. Aber eine Beziehung, nein, natürlich nicht. Es wurde eine lose Affäre, mit vielen Versprechen, viel Gefühl und viel unterschwelliger Distanz. Und einer großen Konkurrentin namens Musik. Alles andere ging neben ihr unter, auch ich. Nach zwei Jahren war ich leer. Eines Abends stand er nach einem Konzert mit Freunden und Fans zusammen. Ich stand daneben – er sah mich nicht einmal direkt an. Seine Begründung: Als Single könne er sich besser verkaufen. Ich sagte sofort Lebewohl zu ihm und brauchte fast zwei Jahre, um mein Herz wieder zu finden. Es funktionierte noch. Seit einigen Jahren schlägt es für einen unmusikalischen Grafiker.
Marc B., 45: Belastungsprobe
Ich hatte im Winter 2013/2014 einen schweren Bandscheibenvorfall, bei dem der Ischias abgeklemmt wurde. Das linke Bein war gefühllos, eine Lähmung stieg langsam vom Fuß im Bein auf. Die Ärzte besprachen mit mir den chirurgischen Eingriff. Ich war in Sorge, meine Frau natürlich auch. Das Problem: Meine Frau neigt zu »frei flottierender Angst und Impulskontrollverlust«. Normale Sorgen werden zu übergroßen Ängsten und diese wiederum zu existenziellen Bedrohungen. Sie weigerte sich strikt, in therapeutische Behandlung zu gehen. Ihr Ventil bei Bedrohungen waren Wut und Aggression. So auch bei der Diagnose meines Bandscheibenvorfalls, den meine Frau zunächst stumm in der Klinik mit anhörte. Aber ich merkte, wie die Sorge in ihr zur bedrohlichen Angst wuchs. Am nächsten Tag kam es zum erwarteten Wutausbruch von ihr am Telefon: Sie sagte, dass sie mich nicht mehr im Krankenhaus besuchen werde, da ich ein unnützer behinderter Krüppel sei. Mir wurde bewusst: Auf diese Frau kann ich mich niemals verlassen. Vier Monate später, als ich wieder gesund war, trennte ich mich nach neun Jahren Ehe von ihr.
Johanna S., 25: Disneyland
Vor etwa vier Jahren lernte ich ihn auf einem Festival kennen. Er war von Beruf Musiker und lebte in Irland. Lange waren wir nur Freunde, dann wagten wir den Sprung in die Fernbeziehung. Drei Jahre später schloss ich meine Ausbildung ab und zog zu ihm nach Irland. Er hatte ein Haus für uns gemietet und sich einen Nebenjob gesucht. Der Job war meine Bedingung für die Auswanderung gewesen, da die Musik ihn oft in finanzielle Schwierigkeiten gebracht hatte. Ich selbst suchte mir als Einstieg einen Job als Kellnerin und Barkeeperin, um die Menschen der Stadt kennenzulernen. Das funktionierte sehr gut, ich integrierte mich schnell und fand viele Freunde. Dann verlor er den Job und suchte sich keinen neuen. Es gab immer neue Ausreden. Da ich oft bis zu 15 Stunden am Tag arbeitete, fiel es mir schwer, den Haushalt alleine zu wuppen. Das ging vier Monate so. Das Geld reichte vorne und hinten nicht. Meine Freunde und Kollegen redeten auf mich ein, ich solle ihn verlassen. Der Moment, als ich es dann tatsächlich tat, kam, als seine Musik plötzlich Geld einbrachte: 1500 Euro. Ich flehte ihn an, das Geld gut zu nutzen. Schulden zu begleichen, die ich allein nicht zahlen konnte. Oder endlich wieder etwas Heizöl zu kaufen. Es wenigstens zurückzulegen. Aber was tat er? Buchte vier Tage Disneyland Paris. 1000 Euro weg. Einfach so.
Fiona T., 25: Der Rassist
Mein Ex hat sich als Gartenzwerg-Nazi entpuppt. Wir sahen uns nur an den Wochenenden, weil er weit weg wohnte. So lernte ich anfangs nur seine Schokoladenseite kennen. Er war ein hoch gebildeter Mann, sogar mit Doktortitel, weswegen ich den Rassisten in ihm nicht sofort erkannte. Als er das erste Mal länger zu Besuch war, erreichte die Flüchtlingskrise gerade ihren Höhepunkt. Mehrere tausend Menschen kamen an diesem Wochenende am Münchner Hauptbahnhof an. Als wir vorbei liefen, sagte er: »Sollen’s nach Dachau weiterfahren«. Am Abend stellte ich ihn zur Rede. Es wurde hässlich. Unser Streit gipfelte in einer Bemerkung von ihm über meine Herkunft. Dass ich eine halbe Engländerin bin, sei für ihn noch ok, sagte er, dabei handle es sich schließlich um ein »germanisches Volk«. Wegen meiner französischen Wurzeln sei ich jedoch leider »phänotypisch grenzwertig«. It didn’t last.
Rebecca H., 30: Kinderwunsch
Als wir uns kennenlernten, hatte er eine lange hinter sich, ich viele kleinere Beziehungen hinter mir, aber wir wussten beide: Das ist es jetzt. Wir verlobten uns nach nur einem Monat, nach 18 Monaten heirateten wir. Von Anfang an wollten wir eine Familie gründen. Wir freuten uns auf die Zukunft, lagen nachts wach und redeten über Kindernamen, wo wir wohnen und wem sie ähnlich sehen würden. Und dann: kam nichts, fünf Jahre lang. Ich zog mich zurück. Der Kinderwunsch wurde für mich zur Qual. Er sagte, er fände mich unattraktiv und blieb abends länger weg. Ich wurde einfach nur still. Dann entschlossen wir uns zu einer Fruchtbarkeitsbehandlung. Während ich im Krankenhaushemd lag und plötzlich eine ruppige Krankenschwester dafür verantwortlich war, dass ich gegebenenfalls ein Kind bekomme, dachte ich in mir: »Nicht so. Bitte nicht so. So soll kein Kind entstehen.« Am Abend kam ich vom Krankenhaus nach Hause. Keine Umarmung. Keine Blumen. Kaum ein Hallo. Er war nicht mit ins Krankenhaus gekommen, weil er sich keine Urlaubstage hatte nehmen wollen. Ich stand in der Tür und er sagt: »Warte kurz, bin gleich bei dir, ich buche nur grade meinen Urlaub nach Amsterdam.« Drei Monate später zog ich aus.
Andreas H., 55: Ostern
Es war an Ostern. Unsere Ehe war längst kein gemeinsames Unternehmen mehr, aber die Kinder waren noch nicht groß und so arrangierte ich mich mit der Beziehung. Die Schwiegereltern hatten sich angekündigt, wir feierten Ostern in der Familie. Ein paar Wochen zuvor hatte ich eine Frau kennengelernt. Ich war verliebt. In ihrer Gegenwart spürte ich plötzlich wieder die Lebendigkeit, die mir in den knapp 20 Jahren der Ehe abhanden gekommen war. Ich stand in der Küche, bereitete das Essen vor und spürte meine Schmetterlinge flattern. Und plötzlich, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, war mir klar: »Du musst dich trennen, wenn du diese Frau willst. Nicht irgendwann, sondern jetzt.« Es war dieser eine Moment, in dem ich aufhörte zu kämpfen. Ich wurde mit einem Mal ganz still und friedlich. Erleichterung breitete sich aus. So durchlebte ich den Ostersonntag. Danach trennte ich mich. Zu der anderen Frau entwickelte ich eine tiefe Freundschaft, mehr nicht. Irgendwann wurde ich ihr Trauzeuge. Ich habe den Schritt nie bereut.
Janine W., 38: Umzugsstress
Ich zog im August um, am heißesten Tag des Jahres. Alle halfen mit, sogar die Freunde meiner Freundin. Mein Freund hingegen kam zu spät zum Einladen, war noch betrunken, fand die neue Wohnung nicht und trug schließlich einen einzigen Karton in den 4. Stock. Daraufhin ließ er sich stöhnend auf den Boden fallen. Alle verschwitzten, fleißigen Helfer verstummten. In dem Moment war klar: Den will ich nicht mehr.
Manuel S., 23: Wiedersehen
Wir passten eigentlich gar nicht zusammen, das sagten uns viele. Für sie war am Abend Disco angesagt, für mich Lagerfeuer mit Freunden. Sie legte großen Wert auf Familientraditionen, für mich hatten solche Bräuche immer etwas Befremdliches. Sie ritt gerne aus und besaß zwei eigene Pferde, ich war so allergisch auf Heu, dass ich einmal sogar ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, als ich ihr beim Füttern half. Trotzdem waren wir lange glücklich miteinander. Ein Team. Irgendwann, nach fast vier Jahren gemeinsamer Zeit, änderte sich das. Wir stritten häufiger und sahen uns seltener. Irgendwann fand ich heraus, dass sie mich mit einem gemeinsamen Freund betrogen hatte. Trotzdem wollte ich die Beziehung nicht aufgeben. Mehr als sechs Monate ging das so weiter, dann musste sie für zwei Wochen zu einer Fortbildung nach Norddeutschland. In dieser Zeit fühlte ich mich so frei und unbeschwert wie seit Langem nicht mehr. Ich dachte kaum mehr an sie. Bis meine beste Freundin mir während eines Grillabends eine scheinbar simple Frage stellte: »Deine Freundin kommt doch morgen nach Hause, freust du dich schon?« Nein. Ich freute mich nicht. Meine Hände begannen bei dem Gedanken an sie zu zittern, mein Magen verkrampfte sich. Ich hatte Angst vor einem Wiedersehen. Am Folgetag traf ich sie dennoch – und trennte mich von ihr.
Jutta S., 54: Wandern extrem
Wir machten eine Bergwanderung auf Korsika. Der alpine Höhenweg GR 20 ist anspruchsvoll und verläuft über weite Strecken, abseits der Dörfer. Wir hatten ein Zelt und Proviant für 10 Tage dabei. Vor unserer Reise war ich länger krank gewesen und immer noch geschwächt. Ich war keine geübte Bergwanderin, aber fest entschlossen, es zu schaffen. Selten habe ich mich so sehr in meinen Fähigkeiten verschätzt. Nach zwei Tagen mit 12 Stunden Touren war ich am Ende meiner Kräfte. Vor Erschöpfung und Angst konnte ich nachts nicht schlafen. Mir war klar: Das stehe ich nicht durch. Mein Freund wollte die Tour jedoch wie geplant zu Ende gehen. Es gab keinen Streit, ich akzeptierte seine Entscheidung. Wir teilten unsere Ausrüstung auf und verabredeten einen Treffpunkt, an dem wir uns eine Woche später wiedersehen wollten. Am nächsten Tag stieg ich ab und wanderte alleine auf mittlerer Höhenlage weiter. Diesmal passte es, ich erholte mich, kam gut zurecht und fühlte mich stark. Ich traf eine fröhliche Gruppe Franzosen, der ich mich anschloss und hatte eine schöne Zeit. Der Moment des Wiedersehens war unspektakulär. Was blieb, war das Gefühl, alleine unterwegs zu sein. Wir waren noch eine Weile ein Paar, bis ich mich schließlich trennte. Wenn es den einen Moment gab, der den Anfang vom Ende einleitete, dann war es der, als wir den Reiseführer in zwei Teile rissen. Ich habe ihn immer noch und wenn ich ihn aufschlage, fallen mir die losen Seiten entgegen.
Bereits vor zwei Wochen berichteten uns sieben Menschen von ihren persönlichen Liebes-Aus-Momenten. Hier können Sie ihre Geschichten noch einmal nachgelesen.
Foto: Plainpicture / Kniel Synnatzschke