Am Anfang wurden sie belächelt, die Hipster dieser Welt, die dachten, man könne sich mit einer großen, schweren Brille in null komma nichts Klugsein auf die Nase schnallen. Wer dachte da nicht beim ersten Anblick an Streber, an Omas? Doch dann nutzten unzählige Brillenträger und die, die gern welche wären, noch eine ganz andere Wirkung: Schaut her, ich setze mir eine hässliche Brille auf und bin trotzdem noch cool. Fazit: Dann muss ich wohl ultracool sein.
In kürzester Zeit wurde die klassische Nerdbrille zum Statement für Unangepasstheit und Originalität. Irgendwann machten alle mit. Wer will nicht klug und ein bisschen nach Künstler aussehen? Und wie es so ist: Kaum haben sich unsere Augen – sowohl die des Brillenträgers als auch die des Betrachters – an die klassische Nerdbrille gewöhnt, da macht sie sich plötzlich unsichtbar. Das heißt nicht unbedingt, dass die Gläser kleiner werden. Es ist der Rahmen, der verschwindet. Die Bügel und der Rahmen der Saisonbrille sind komplett transparent oder aus feinstem Metall: angenehm anzusehen und für den Nasenrücken eine Erleichterung. Die Form übrigens wird runder, ein bisschen Freigeist à la Truman Capote oder John Lennon bleibt.
Vielleicht aber gibt es in Zeiten, in denen die Welt auseinanderzufallen scheint, einfach Wichtigeres, als mit einem alltäglichen Accessoire seine unangepasste, originelle Persönlichkeit in den Vordergrund zu stellen. Versucht man sich wieder aufs Wesentliche zu konzentrieren? Die Brille ist auf jeden Fall wieder Brille. Nicht mehr und nicht weniger.
Model: Kristine Drinke / elite models london; Styling: Kathy Kauder; Make-up: Jochen Pahs für Chanel; Retusche: Franziska Strohm for thegaabs; Red camera operator Richard / theregistrygaabs
Foto: Markus Gaab