»Erst haben wir den Exzess gelebt, dann haben wir ihn inszeniert«

Keine andere Band verbindet Pop, Hip-Hop und Tanztheater so gekonnt wie Deichkind. Aber wie passt das alles zusammen? Ein Gespräch über den Spagat zwischen Bierduschen und Gesellschaftskritik, selbstgebaute Riesen-Handtaschen und das Glück, sich hinter Masken zu verstecken.

Menschen, Biere, Sensationen: Für Deichkind-Konzerte ist das Wort »Spektakel« fast schon eine Nummer zu klein.

Bierdusche und Tanztheater: Es gibt in Deutschland keine andere Band, die so verschiedene Welten so geschickt vereint wie das Techno-Pop-­Kollektiv Deichkind. Die Gruppe tritt in ausverkauften Fußballstadien auf, rappt Stücke über »Krawall und Remmidemmi« oder »1000 Jahre Bier«, setzt sich dabei aber auch mit Gesellschaftsfragen und Gegenwartskultur auseinander – und das alles mit einer Bühnenshow, die ­zwischen Konzeptkunst, Modern Dance und Videoinstallation schillert. ­Medien nennen sie die »schrillste Band Deutschlands«, Die Zeit fasste es mal so zusammen: »Deich­­kind-Konzerte sind karnevaleske Ze­re­monielle, die sich wie Kooperationen zwischen Christoph Schlingensief und ­Kraftwerk, Cosima von Bonin und Richard Wagner, Masters of the ­Universe und Anselm Reyle ausnehmen.«

Deichkind verstehen sich als Kollektiv, die Zahl der Mitwirkenden schwankt, auf der Bühne können schon mal 20 Menschen stehen. Und auch wenn bekannt ist, wie die wichtigsten Beteiligten aussehen, zeigen sie sich auf der Bühne nur in Kostümen und Masken. Klar ist auf jeden Fall: Für ­die Musik ist vor allem Philipp Grütering zuständig, der im ­Studio mit den Stücken anfängt; Videos und Bühneninszenierung liegen in den Händen von Henning Besser. An einem warmen Sommer­abend vor ein paar Wochen sitzen die beiden im Nebenraum eines Tanzstudios in Hamburg-Altona. Sie haben gerade einen langen Probentag hinter sich (»Jeden Tag 10 bis 18 Uhr, sieben Kern-Performer plus Choreografin«), Vorbereitung für die großen Sommerkonzerte. Grütering und ­Besser sind ein bisschen abgekämpft, sie tragen T-Shirts, kurze Hosen – aber weder Kos­tüme noch Masken.