Den Ausschnitt bis auf Bauchnabelhöhe zu verlängern war bislang Männersache: Gunter Sachs, Tom Selleck, eine gewisse Fitnessstudio-Klientel – das siegessichere »V« konnte gar nicht weit genug in die Körpermitte hineinragen. Nun tun die Frauen es ihnen gleich, in Kleidern, Blusen und Jumpsuits, die nicht mal mehr aufgeknöpft werden müssen, sondern von vornherein tief blicken lassen. Dabei trugen sie doch gerade noch Blusen, zugeknöpft bis zur Unterlippe. Und das tun sie in ein paar Stunden vielleicht schon wieder, die Trends in der Mode laufen inzwischen etwa so einheitlich wie die Ansagen zur Euro-Rettung. Wohin das extratiefe V führt, ist nicht zu übersehen, dieser Ausschnitt funktioniert für Männeraugen wie eine frisch planierte Landebahn. Trotzdem wird hier am Ende weniger offenbart als bei balkonartig ausladenden Dekolletés. Ein V arbeitet verdeckt, es deutet an. Der Blick läuft: ins hübsche Nichts, irgendwo um das Zwerchfell herum. Eine Stelle des Körpers, die in Sachen Sexappeal noch angenehm unbefleckt ist. Bis zu diesem Sommer jedenfalls.
Fotos: Andreas Lux