Ton, Scheine, Scherben

Mieten statt kaufen, Cent-Beträge statt CD-Millionen: Seit es Streaming-Dienste gibt, ist im ­Musikgeschäft nichts mehr wie zuvor. Wie gehen Musiker und Plattenfirmen mit der neuen Ära um – und was verändert sich für die Hörer?

Hamburg im Herbst, Tausende drängen der Alsterdorfer Sporthalle entgegen, in Trainingsanzügen, nicht wenige Bier und Zigarette in der Hand, manche einen Joint, in der Luft liegt Vorfreude. Die Comedians Jan Böhmermann und Olli Schulz haben zu Fest & Flauschig geladen, dem Podcast, Talk im Netz. Den Dresscode haben sie vorgegeben: Sportklamotten. Schlangen vorm Einlass, mehr Bier, anerkennende Blicke auf drei Streifen und Ballonseide, dann geht das Licht aus, 4000 Leute johlen.

»Podcast«, sagt auf der Bühne Jan zu Olli, »ist ja Kino im Kopf. Man muss erklären, wie du aussiehst. Du hast einen rosafarbenen Trainingsanzug an, in Frottee. Und ich muss sagen, es gibt nicht viele Männer, die das tragen können, die das mit Testosteron ausfüllen. Wenn ich das anziehen würde, dann würde ich mit Olivia Jones Führungen auf der Reeperbahn anbieten.«

»Ach, du kannst doch alles tragen. Dir steht nichts.«

Die beiden feiern ihr Jubiläum, hundertste Sendung, deswegen haben sich die Fans aufgemacht und 85 Euro Eintritt gezahlt, was Jan und Olli peinlich ist, immer wieder reden sie darüber, es bedient ein Klischee, mit dem sie sich unwohl fühlen – Olli und Jan, die Abzocker, die ihre gute alte Radiosendung aufgegeben haben, um zum Feind zu wechseln, Spotify, der unheimlichen, neuen Macht in der Musik, dem Dienst, der alle Musik der Welt anbietet, nur eine App braucht man, und schon trägt man fast alle Plattenläden und Radiosender in der Hosentasche.