Wie lebt man als Staatsfeindin weiter?

Die NSA-Mitarbeiterin Reality ­Winner leakt 2017 ein streng geheimes Dokument, das dem damaligen US-Präsident Donald Trump schadet. Drei Jahre muss sie dafür in Haft, nun ist sie frei – aber noch immer gefangen in der Frage, was im Leben das Richtige ist.

Winner vor dem Bungalow, in dem sie aufwuchs und in den sie 2021 mit Fußfessel zurückkehrte.

Foto: Christopher Lee/Redux/laif

Die Journalisten von The Intercept wissen erst nicht recht, was sie mit dem Dokument anfangen sollen. Es kommt per Post, wenige Seiten DIN A4. Poststempel: Augusta, Georgia. Verschickt am 10. Mai 2017. Die einen halten es für echt, andere zweifeln. Das Dokument legt nahe, dass Russland versucht hat, die US-Präsidentschaftswahl 2016 zu beeinflussen.

Zwei Journalisten beginnen zu recherchieren, sie wollen das Dokument verifizieren. Einer der Reporter schickt Fotos des Dokuments von seinem Mobiltelefon an einen Vertrauensmann, der bei einem Dienstleister einer US-Regierungsbehörde arbeitet, und erwähnt auch den Poststempel »Augusta, Georgia«. Und der Reporter sendet dem Geheimdienst NSA eine Kopie des Dokuments, mit der Bitte um Stellungnahme. Man kann heute nur mutmaßen, warum er so unvorsichtig war. Die NSA prüft sofort, wie so eine Information nach draußen gelangen konnte. Und stellt fest: Nur sechs Personen haben die als »Top Secret« eingestufte Analyse ausgedruckt, eine davon ist Reality Winner. Und sie ist die Einzige, die Kontakt mit The Intercept hatte, sie hat mal um die Abschrift eines Podcasts gebeten, per E-Mail, abgeschickt von ihrem Bürocomputer.