Lieb und teuer

Reisen online zu buchen ist einfach und schnell. Doch welche Preise man dann zu zahlen hat, ist oft völlig undurchsichtig.

Reisen kostet immer Geld. Aber im Internet kostet es nicht für jeden das Gleiche.

Wäre das Internet ein Reise­büro, säße hinter dem Schalter ein freundlicher Mensch, der ständig lächelt und einem verspricht, dass er die exquisitesten Hotels für einen finden kann, und zwar in Sekundenbruchteilen, wenn man ihm nur sagt, was genau man sich vorstellt. Und in jedem zweiten Satz fiele das Wort »Bestpreisgarantie«. Man würde also frohen Mutes beschreiben, was man sucht, der freundliche Mensch würde lächeln und so tun, als würde er gleichzeitig in allen Hotels der Welt nachfragen und so das günstigste Zimmer finden. In Wahrheit aber würde er vor allem sich selbst Fragen stellen, und zwar zwei. Erstens: Wie dringend braucht der Kunde eine Unterkunft? Zweitens: Wie viel ist er bereit zu zahlen? Kunden, die schick gekleidet sind oder es offenbar eilig haben, bekommen ein teureres Zimmer als Kunden, die entspannt wirken oder so aussehen, als gäben sie nicht besonders viel Geld fürs Reisen aus.

Würden Sie in so einem Reisebüro Stammkunde werden wollen? Ich nicht. Trotzdem nutzen sehr viele Leute immer wieder die Buchungsportale im Internet – klar, online zu buchen ist einfach, man findet binnen Sekunden schöne Angebote, kann vergleichen, hat das Gefühl, die Kontrolle über den ganzen Prozess zu behalten. Doch vieles deutet darauf hin, dass manche Portale ähnlich vorgehen wie das beschriebene Reisebüro.

Dass nicht jeder den gleichen Preis angezeigt bekommt, ist leicht zu prüfen. Wir haben in der Redaktion einen kleinen Test gemacht: Sechs Kollegen suchten – jeweils abends, von zu Hause aus – zur selben Zeit ein Hotel auf Mallorca. Wir erhielten für manche Unterkünfte drei Preise, mit bis zu zehn Prozent Preisunterschied. Nun gibt es eine Reihe von Studien, die den Verdacht nahelegen, dass das Ganze einem System folgt. Zum Beispiel bekommt ein Kunde, der per Smartphone ein Buchungsportal aufruft, tendenziell teurere Preise – weil die Portale davon ausgehen, dass er es eilig hat. Wer ein besonders teures oder modernes Gerät benutzt, muss ebenfalls eher mehr zahlen – er kann es sich ja leisten. Kommt man mit demselben Browser oder derselben App später wieder, kann es auch teurer werden – damit man fürchtet, es werde noch später noch teurer, und endlich bucht.

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Was da geschieht, nennt sich »Dynamic Pricing«. Nach jeder Studie beteuern die Reiseportale, solche Preisunterschiede hätten allenfalls mit Sonderaktionen für bestimmte Nutzer zu tun. Man kann das glauben oder nicht.

Wie aber soll man als Kunde damit umgehen? Die Tipps, die Verbraucherschützer geben, reichen von »Mit mehreren Ge­räten suchen« über »Einen Anonymisierungsserver verwenden« bis zu »Cookies löschen, bevor man sucht«. Auf Nummer sicher geht man mit einer anderen Methode: Suchen Sie erst die besten ­Angebote online und rufen Sie dann in der Unterkunft an, die Ihnen gefällt. Sie werden überrascht sein, wie oft die angebliche »Bestpreisgarantie« in einem freundlichen Telefonat unterboten wird.