Die Abmachung gilt: Besichtigung eines alten Bauernhauses am Wolfgangsee. Eine unserer vorerst letzten Ideen, wo man Hochzeit feiern könnte. Gegen alle bis dahin gesehenen Örtlichkeiten gab es berechtigten Einspruch, entweder von M. oder von mir. Italien zu weit. München zu sehr Alltag. Der Starnberger See zu sehr Starnberg. Nun läuft uns die Zeit weg. Der Wolfgangsee, also. Empfohlen von einem Freund, dessen Vater Förster in der Gegend ist. Das Bauernhaus dort soll wunderschön sein. »Wahrscheinlich ist der Senioren-Tourismus nicht auszuhalten«, sage ich, als wir ins Auto steigen; sofort das schlechte Gewissen: Nicht einmal auf den ersten hundert Metern kann ich die Verabredung einhalten, mich ohne Vorurteile auf den Weg zu machen.
Holzkirchen, Irschenberg, grüne Weiden, kleine Kirchen, Zwiebeltürme, der Chiemsee – es kommt dennoch keine rechte Vorfreude auf, habe nur Helmut Kohl vor Augen: in Feldherrnpose, knietief im Wolfgangseewasser stehend; seine Unterbekleidung, diese Art übergroßer Herrenslip – gibt es überhaupt ein Wort dafür? »Ich muss an Helmut Kohl denken«, sage ich, als wir in Thalgau die Autobahn Richtung See verlassen. Dann liegt vor uns der Wolfgangsee. Felsige Berge ragen hinter dem spiegelglatten Wasser auf. Knapp 14 Quadratkilometer strahlendes Türkis. Die Farbe macht den See zum schönsten, den ich je gesehen habe – umsäumt von weichen Buchten. Unwirklich scheint die Welt hier in diesem Kontrast zwischen schroffer Berglandschaft und Lieblichkeit des Sees, des schimmernden Wassers. Kohl ist vergessen, der See gehört nicht mehr ihm, sondern uns – faszinierend seine Weite, die man sich fürs eigene Leben, für immer, wünscht. Häuser treiben rechts und links der Straße an uns vorbei.
In Sankt Wolfgang holt uns die Realität ein Stück weit ein: kleine Souvenirshops, das wuchtige Hotel »Weißes Rössl«. Alles kann man kaufen – Handtücher, Bademäntel, Kugelschreiber, Aschenbecher, Zahnputzbecher. Immer mit Pferdchen. Man lächelt die amerikanischen Touristen beim Souvenirkauf an. »Isn’t the lake wonderful?« Ja, das ist er. So sehr, dass er einen bei allem, was um ihn herum geschieht, freundlich stimmt. Touristenbusse? Volle Cafés? Eher mittelmäßiger Kaffee? Ach, egal. Ist der See nicht hübsch? Kann man an einem besseren Ort heiraten als an diesem, der einen für alles und jeden so freundlich stimmt? Natürlich, der Gedanke ist kitschig. Aber zur Hochzeit muss das doch erlaubt sein. Übrigens: Das alte Bauernhaus steht in Strobl, wo es nicht an jeder Ecke Porzellansouvenirs gibt, wo die Cafés schön sind und – das ist das Beste: Wo wir bei der Hochzeitsfeier ganz und gar freien Blick auf den See hatten.
Wohnen: Hotel Seevilla, St. Wolfgang, Österreich, Tel. 0043/6138/20055, www.sevilla.co.at, DZ ab 128 Euro. Besonders hübsch: Das Hotel hat einen eigenen Strand.
Essen: Brandauer’s Seerestaurant & Café, Strobl, Tel. 6137/7205.
Unbedingt: mit dem Schiff von St. Gilgen nach Fürberg fahren, Fürberg liegt in einer großen Bucht am Fuß des Schafberges – der schönsten Bucht des Wolfgangsees, www.salzkammergutschifffahrt.at.
Das ABC der Seen:
A - Assuan-Stausee
B - Lac Beauvert
C - Lago di Como
D - Deininger Weiher
E - Eibsee
F - Fuschlsee
G - Grundlsee
H - Hornindalsvatnet
I - Lago d'Iseo
J - Jägersee
K - Klopeiner See
L - Liyu-See
M - Lake McKenzie
N - Näsijaärvi-See
O - Lago di Orta
P - Plauer See
Q - Laguna Quilotoa
R - Lough Ree
S - Staffelsee
T - Totes Meer
U - Urisee
V - Viktoriasee
W - Wolfgangsee
X - Xuan-Huong-See
Y - Yosemite Lake
Z - Zürichsee