20. März 1959
(Beate R., *1941) Es hat sich eingebürgert, daß ich mich von Pippo vor den Ferien immer mit Handschlag und guten Wünschen verabschiede. So hielten wir’s auch dieses Mal. Ich reich-te ihm die Hand und sagte: „Auf Wieder-sehen, Manfred, alles Gute!“ Er erwiderte mit einem Händedruck: „Auf Wiedersehen, Beate.“ Ich habe sehr gern, wenn Pippo „Beate“ zu mir sagt. Es ist schön, daß ich mit Berührungen mit Männern noch nicht abgedroschen bin; denn den angenehmen Druck seiner Hand zu fühlen, macht mich glücklich u. zufrieden.
Bis zum 9. April 1959 werde ich Pippo nicht mehr sehen. Die Zeit wird vergehen wie in den anderen Ferien auch. Hoffentlich bleibt alles beim Guten!
Mit Brigitte übrigens feierte ich „Einjähriges Bestehen der Schwärmerei zu Manfred“. Wir zogen uns beide nett an u. gingen in ein Kaffee. Da wollten wir lange bleiben, aber da es ein Tageskaffee war, verließen wir kurz vor 2000 Uhr die Räume und siedelten in Brigittes winziges Dach-Junggesellinen-Stübchen über. Wir zündeten eine Kerze an u. stellten daneben Pippos Bild. Wir tranken Tee u. aßen ein Stck. süßen Kuchen. Mit der letzten Tasse Tee stellte ich folgendes an: Ich wandte mein Gesicht Manfreds Bild zu, sprach mit ihm u. schüttete mein Herz aus. Dann sprach ich viele Wünsche aus, wo nichts vergessen wurde. Nach jedem Wunsch trank ich einen Schluck Tee u. Brigitte sagte dazu „Prost“. Eigentlich sollte das Getränk Wein sein, doch das wäre zu teuer gekommen. Die Situation war sehr komisch, doch auch sehr schwermütig.
Tagebuch: 20. März 1959
Und immer wieder Frühling: 100 Jahre Zeitgeschichte in privaten Notizen.