Bluse und Sweatshirt mit Herzchen-Print, von Burberry Prorsum.
Für eine erste Verabredung kann es keinen besseren Ort geben als das Kino. Ein intimer Ort, trotz Multiplex und Nacho-Mief, ein Traumraum, in dem man nebeneinander sitzt, nicht sich gegenüber. Mehr Nähe ist kaum möglich, ohne sich zu berühren. Eine Berührung der Hände oder Knie kann alles oder nichts bedeuten, die Verheißung schwebt im Halbdunkel.
Das Gespräch wird einem abgenommen und hinterher sogar erleichtert. Je nachdem, was man gesehen hat, bleibt die Nachbereitung in Länge und Tiefe frei skalierbar und unverdächtig (»Ein bisschen platt, dieses Elysium, oder?« geht genauso wie: »Gute Metapher, die da oben, wir hier unten«). Emotionen werden im besten Fall angeheizt und auf eine ähnliche Frequenz gebracht - wer sich damals während Titanic einmal im Saal umdrehte und ein Meer tränennasser Augen glitzern sah, weiß, was ich meine.
Vor Kurzem war ich mit der Frau, die ich liebe, wieder im Kino. Das machen wir gerne und meistens halten wir dabei unsere Hände, dazu kommt man sonst ja viel zu selten. Leider hatte ich den falschen Film gewählt: Only God Forgives. Ich bin nicht mehr darauf angewiesen, dass der Film Schockeffekte liefert, die meine Frau dazu treiben, sich an mich zu klammern. Wir reservieren Doppelsitze. Ich habe den Abend dann hauptsächlich damit verbracht, anzusagen, wann sie wieder gefahrlos hinsehen konnte. Die Wahl des Films ist also wichtig, weil die Verbindung von der Leinwand zum Zuschauer im besten Fall stark ist und die Stimmung bleibt, auch wenn der Abspann schon gelaufen ist.
Dabei kommt einem das Kino entgegen, weil es nicht nur in der Anbahnung hilft, sondern auch viel Liebe zeigt. Ein Paar in einer langjährigen Beziehung, das Liebe von Michael Haneke sieht, wird sich selbst bei großer Nüchternheit nach dem Film gegenseitig beglückt trösten. Frisch Verliebte, die in eine jener Jennifer-Aniston-Komödien gehen, die man nur an Adam Sandler und Ben Stiller unterscheiden kann, werden erleichtert darüber lachen, dass andere Menschen sich im Liebestaumel genauso dämlich anstellen wie sie.
Ein besonders beliebtes Motiv dabei: das Kino selber (La Boum, Cinema Paradiso, Herr Lehmann). Kaum ein Bild wird so häufig gezeigt wie Pärchen, die sich vor der Leinwand näherkommen. Dabei bleibt die Kamera auf das Paar gerichtet, selten sieht man, in welchem Film sie sitzen, nur wie sie sich näherkommen. Dann schafft das Kino einen Kinomoment im echten Leben: ein Paar in Aufregung sieht einem Paar in Aufregung zu. Wie ein Spiegel, der sich in einem Spiegel spiegelt. Und egal wie nah sie sich auf oder vor der Leinwand kommen - die Liebe kann sich immer noch dazwischenquetschen.
Foto: Pari Ducovic