Lust auf ein kleines Spiel, das Sie nicht gewinnen werden? Ich nenne Ihnen drei Messenamen, und Sie raten, was dort ausgestellt wird. Also los: die Interaspa (11.–12. Januar in Hannover), die InNaTex (28.–30. Januar in Hofheim) und die IFAT Entsorga (7.–11. Mai 2012, München). Und – geben Sie auf?
Dabei wollte ich es Ihnen mit der Entsorga noch leicht machen, darauf könnte man kommen, das ist die »Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft«. Ebenfalls in München finden statt: die Lernmesse für Kinder namens Forscha und die Leitmesse für Labortechnik Analytica, Berlin lädt ein zur Internationalen Pferdesportmesse Hippologica, Nürnberg präsentiert die Fachmesse für Kälte, Raumluft und Wärmepumpen Chillventa. Eine Messe rund ums Thema Eis nennt sich Gelatissimo, die für Angler und Jäger heißt AnJa. Der Standort Deutschland hat ein Problem: Zwar sind wir Weltmeister im Ausrichten von Messen – laut Gesamtverband (der sich passenderweise Auma nennt) gibt es 150 internationale Messen pro Jahr auf 2,75 Millionen Quadratmetern Hallenfläche, die für 230 000 Arbeitsplätze und 23,5 Milliarden Euro Umsatz sorgen. Aber uns fallen keine guten Namen für Großveranstaltungen ein.
Oder würden Sie zwei Opernkarten tauschen gegen Eintrittskarten für die Interforst, die Interpack oder die Interschutz? (Gut, bei der InterWhisky, der »Fachmesse für Whiskykultur & Lifestyle für Fachbesucher und Endverbraucher« in Frankfurt, geht es vermutlich hoch her.) Wie enorm wichtig ein guter Name ist, versichert einem jeder Messeleiter in Deutschland. Es liegt also nicht daran, dass die Veranstalter der Abi- und Karrieremesse Stuzubi, der Weinmesse RendezVino oder der weltgrößten Börse für Terrarientiere Terraristika sich keine Gedanken gemacht hätten.
Andererseits: Es gibt Menschen, die Schwierigkeiten haben, ihr Kind ordentlich zu benennen. Die neun Monate lang verzweifelt überlegen und, wenn die Hebamme das Namensschild um die Babyhand bindet, erschöpft sagen: »Er heißt Luis …nein, Leon. Halt! Ludwig.« Und jetzt stelle man sich vor, so jemand müsste eine ganze Messe benennen. Die einen Namen braucht, den der Deutsche wie der Inder versteht, den jeder aussprechen kann, der dem Ohr schmeichelt und ins Gedächtnis einzieht, der nicht auf Spanisch »Langeweile« heißt oder längst einem klagefreudigen Schweizer Biotech-Unternehmen gehört.
Fragt man die großen deutschen Messeveranstalter in München, Frankfurt oder Hannover, wie sie ihre Veranstaltungsnamen denn so finden, dann beginnen sie zu schwärmen. Wie etwa Dr. Wolf-Dietrich Müller, der sehr sympathische Generalbevollmächtigte der Geschäftsführung der Messe München, der sagt: »Es gibt eine Bestattungsmesse in Polen, die heißt necroexpo! Wunderschöner Name!« Und wenn Walter Hufnagel von der Messe Nürnberg über die Raumluftmesse Chillventa redet, dann spricht er Chillventa aus wie den Namen einer Geliebten. Sein Kollege fügt an, was für eine gute Idee es gewesen sei, die Nürnberger Seniorentage umzubenennen in inviva: »Da lese ich viva, viva España, mitten im Leben!«
Für Namen wie inviva oder Chillventa zahlen Berufsverbände hohe fünfstellige Beträge an Agenturen, deren Angestellte sich den ganzen Tag nur Produktnamen ausdenken. Wie Frau Kirchner von der Firma Nomen, die etwa den Messetitel Entsorga lobt, »weil die Endung a etwas Weibliches, Freundliches, Frisches hat«. Wochenlang grübeln Profis über den idealen Namen, der neu und einzigartig sein soll – aber liest man die Listen der deutschen Messen 2012, klingen alle seltsam gleich und gleich seltsam.
In den Sechzigerjahren nahm man einfach das ungefähre Thema der Messe und setzte für den internationalen Anspruch die Silbe Inter davor. Fertig. Dauerte grade mal fünf Minuten. Heute heißt eine Berliner Modemesse bewusst irreführend Bread & Butter. Weniger klug gewählt findet Frau Kirchner die Hochzeitsmesse Trau Dich!, »das suggeriert Ängstlichkeit«. Ich hätte da einen Verbesserungsvorschlag: Wie wär’s denn mal mit einer Ehemesse namens InterJa?
Illustration: Marc Herold