SZ-Magazin: Frau Klein, in Nordamerika werden Höchsttemperaturen gemessen, es kommt zu Flächenbränden. Gleichzeitig spülen Hochwasser in Deutschland halbe Ortschaften weg, eine Flut, die Hunderte Todesopfer fordert. Ist es schon zu spät, um gegen die Folgen der Erderwärmung wirksam etwas zu tun?
Naomi Klein: Nein, wir müssen trotzdem tun, was wir können. Aber immer mehr Menschen verstehen jetzt, dass die Klimakatastrophe nicht das Problem von irgendjemand anderem ist, auch kein abstraktes Thema für ungeborene Enkelkinder.
Trotzdem merken wir gerade auf brutale Weise, dass noch immer viel zu wenig getan wurde. Dabei dachte man zuletzt, wir hätten Fortschritte gemacht.
Gewisse Fortschritte gibt es ja, immerhin. Ich finde zum Beispiel bemerkenswert, dass der Klimawandel trotz der Pandemie als Thema nicht verschwunden ist. Wenn Sie bedenken, wie andere Krisen in der Vergangenheit das Thema Klima immer schnell von der Tagesordnung verdrängt haben, zum Beispiel die Finanzkrise 2008: Da war die weltweite Stimmung sofort, okay, vergessen wir mal diese Klimasache. So war es dieses Mal nicht.