Der Klicksbringer

Die Thailänder lieben ihren König Bhumibol. Und wen liebt er? Seinen Fotoapparat.


Bei Bildern von mächtigen Menschen lohnt ein Blick auf die Details: Was für Kleidung tragen sie? Mit welchen Dingen umgeben sie sich? Schon bei alten Ölgemälden von Königsfamilien oder Päpsten ist jede Kleinigkeit voller Bedeutung: Eine Krone steht für die Sonne, Zeichen von Lebenskraft und Fruchtbarkeit. Und wer eine purpurfarbene Robe trägt, ist besonders mächtig – die Farbe war in der Antike Kaisern und hohen Priestern vorbehalten. Doch schaut man sich Bilder des thailändischen Königs Bhumibol Adulyadej an, wundert man sich. Er ist einer der reichsten Monarchen der Welt und seit 1946 an der Macht – aber wenn er sich in der Öffentlichkeit zeigt, kommt er daher wie ein bescheidener Tourist: Seine Macht demonstriert er nicht mit Edelsteinen oder Gold, sondern mit einem Fotoapparat, den er fast überall dabeizuhaben scheint. Warum nur?

Vom thailändischen Palast erfährt man nicht viel über die königliche Knipserei, nur dass Bhumibol als kleiner Junge von seiner Mutter eine Kamera geschenkt bekommen hat. Seitdem dokumentiert der König mit seinen Bildern das Leben in seinem Reich. Fast jeden, den er trifft, porträtiert er. In den Vierzigerjahren, damals war er noch ein junger Prinz, soll er sogar als professioneller Fotograf für eine Zeitung gearbeitet haben. Selbst auf einem Geldschein ist Bhumibol mit seiner Kamera abgedruckt.

Nun könnte man das Hobby leicht abtun: Andere Monarchen spielen Polo oder gehen jagen, König Bhumibol macht eben Fotos. Aber so einfach ist es nicht.

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Der thailändische Künstler Tiane Doan Na Champassak hat Bilder des Königs mit seiner Kamera gesammelt und ein kleines Buch zu dem Thema herausgegeben, er hat es The King of Photography genannt, und beim Betrachten muss man schmunzeln, weil der König darin zwar nett, aber auch ein wenig täppisch aussieht. In Thailand ist das Buch nie erschienen, denn es könnte viel Ärger bringen: Alles, was man als Kritik am König verstehen könnte, ist dort streng verboten.

Erst im Januar wurde ein Journalist zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, weil er es gewagt hatte, in der Öffentlichkeit die Macht des Königs infrage zu stellen. Darum will Champassak alle Fragen am liebsten per Mail beantworten, da kann er die Worte genauer abwägen, und er stellt gleich klar: »Ich werde mich auf keinen Fall kritisch über den König äußern.« Lieber erklärt er, dass der Monarch am liebsten Kameras der Firma Canon verwende, die er auch dann nicht ablege, wenn seine Diener den mittlerweile 85-jährigen Regenten im Rollstuhl schieben.

Viele Thailänder verehren ihren König beinahe abgöttisch, sie schätzen die Volksnähe, die er zeigt, wenn er seine Untertanen fotografiert, statt ihnen nur vom Thron aus zuzuwinken. Der König gilt in seiner Heimat als sehr talentierter Fotograf – was aber auch damit zusammenhängen könnte, dass niemand es wagt, seine Bilder zu kritisieren. Und sehen kann man seine Schnappschüsse kaum: Die meisten seiner Fotos werden unter Verschluss gehalten. In Thailand gibt es zwei Museen, die die königlichen Fotos ausstellen, »aber ich wurde rausgeworfen, weil ich versucht habe, die Bilder von der Wand abzufotografieren«, sagt Champassak. Waren sie denn gut? »Ich kann nichts zur Qualität sagen.« Auf die Frage, was passieren würde, wenn jemand öffentlich sagte, dass die Bilder des Königs vielleicht doch nicht das Werk eines genialen Fotografen seien, hat Champassak eine kurze Antwort: »Das gibt jede Menge Ärger.«

Fotos aus dem Buch »The King of Photography« von Tiane Coan Na Champassak.