In der Irish Times las ich ein Interview mit Matt Damon, dessen fünfter Jason-Bourne-Film gerade in die Kinos gekommen ist. Damon wurde nach Donald Trump gefragt. Er fragte seinerseits die Interviewerin, ob sie von der Geschichte mit Trumps Händen gehört habe: Jann Wenner, Chefredakteur des Rolling Stone, habe vor dreißig Jahren geschrieben, Trump habe kleine Hände. Seitdem bekomme Wenner Jahr für Jahr einen Brief von Trump mit signierten Fotos von dessen Händen. Er, Matt Damon, denke, jemanden ins Weiße Haus zu wählen, der so dünnhäutig und kleinlich sei, sei sehr gefährlich.
Man erlebt ja zurzeit Tage, an denen man aufwacht und sich am liebsten zu den Zeugen Jehovas an die Straßenecke stellen und rufen möchte: Das Ende ist nah! Was kann man tun, denkt man dann, gegen all die unverschämten Großmäuler, dreisten Lügner und menschenverachtenden Gewalttäter, die nach der Macht greifen oder sie schon besitzen? Immer schön anständig bleiben, immer differenzieren, sich nie herabbegeben auf das Niveau der anderen? Immer darauf beharren, dass die Welt kompliziert ist, dass es einfache Lösungen nicht gibt? Dass man die Dinge sehen muss, wie sie sind: schwierig? Alles richtig.
Aber manchmal…
Ich bin der Sache mit Trumps Händen nachgegangen und habe entdeckt, dass Damon nicht ganz recht hat. Es waren nicht Jann Wenner und der Rolling Stone, die diese Sache mit Trumps Händen aufbrachten. Es war das amerikanische Satire-Magazin Spy, das von 1986 bis 1998 existierte und Trump 1988 einen short-fingered vulgarian nannte, einen kurzfingrigen Protz.
Spy wiederholte das in acht Jahren zwölf Mal, einmal druckten sie sogar die Korrektur einer Behauptung in einer Studenten-Zeitung nach, in der Trump ein short-fingered Bulgarian genannt worden war: Man entschuldige sich für die Beleidigung aller Bulgaren.
Tatsächlich bekommt Graydon Carter, einer der Gründer von Spy und heute Chefredakteur von Vanity Fair, immer wieder Briefe von Trump persönlich mit Fotos seiner Hände und den mit goldener Tinte geschriebenen Worten: See, not so short! Guck mal, nicht so kurz. Carter schreibt dann zurück: Actually, quite short! Tatsächlich ziemlich kurz! Wobei sich Trump mit keinem Wort darüber aufregt, dass er »Protz« genannt worden ist. Es geht um die Finger.
Die Sache verfolgt ihn. Marco Rubio, ein Gegenkandidat bei den Vorwahlen, sagte, Trump habe Hände wie jemand, der 1,58 Meter groß sei. »Und ihr wisst, was man über Männer mit kleinen Händen sagt. – Man kann ihnen nicht trauen.«
Jeder normale Mensch würde solchen Blödsinn an sich abtropfen lassen, Trump aber redet seitdem ständig davon, vor allem: ungefragt. Der New York Post sagte er: »Meine Finger sind lang und wunderschön, wie auch – das ist dokumentiert – andere Teile meines Körpers.« Selbst als es in einem Gespräch mit der Washington Post eigentlich um die Frage ging, ob er als Präsident den IS mit Nuklearwaffen bekämpfen würde, kam Trump unvermittelt auf Rubio, seine eigenen Hände und die Größe »anderer Dinge« zu sprechen. Die Initiative Americans Against Insecure Billionaires With Tiny Hands (Amerikaner gegen labile Milliardäre mit winzigen Händen) fordert seitdem, er solle die Größe seiner Hände endlich nachmessen lassen, man sei ja sonst nicht sicher, ob er als Präsident den Knopf für die Atomraketen überhaupt ganz runterdrücken könnte. Graydon Carter beharrt darauf, Trumps Finger sähen »abnormal wurstig« aus. Und natürlich liegt die Frage nahe, was ein Mann kompensiert, dessen Lebenswerk bisher hauptsächlich in der Errichtung sehr hoher Häuser besteht.
John Oliver sagte in seiner Late-Night-Show, er finde Trumps Finger eigentlich in Ordnung, »aber die Art, wie er davon besessen ist, ist wahnsinnig komisch«.
Haben wir nichts Besseres zu tun, als über Trumps Hände zu reden? Offensichtlich: Nein!
Illustration: Dirk Schmidt