»Es ist ein Modetrend, sich glutenfrei zu ernähren«

Aber lebt man so wirklich gesünder? Und was ist Gluten überhaupt genau? Michael Mikolajczak von der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft sagt: Wer gesund ist, hat keinen Vorteil davon, auf Gluten zu verzichten.

SZ-Magazin: Ich habe gerade eine Packung Nudeln gekauft, die damit beworben wird, glutenfrei zu sein. Ist Gluten so ungesund?
Michael Mikolajczak: Gluten ist nur für Menschen ungesund und schädigend, die an einer Glutenunverträglichkeit leiden, also entweder einer Zöliakie, einer Weizenallergie oder einer sogenannten Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität. Alle anderen können völlig unbesorgt glutenhaltige Lebensmittel zu sich nehmen. Sie würden gesundheitlich nicht davon profitieren, darauf zu verzichten. 

Warum steht dann auf immer mehr Produkten, dass sie glutenfrei sind? Ist das eine Modeerscheinung?
Einerseits ist es ein Trend, sich glutenfrei zu ernähren. Viele Prominente leben das in der Öffentlichkeit vor, zum Beispiel auf Instagram. Sie erreichen dort ein großes Publikum, was die Nachfrage nach glutenfreien Lebensmitteln und das glutenfreie Angebot der Lebensmittelindustrie steigen lässt. So entsteht bei vielen Menschen der Eindruck, dass das Weglassen von Gluten und Weizen ein Allheilmittel sei, wenn es um Gesundheit und Wohlbefinden geht. Wissenschaftliche Belege gibt es dafür aber nicht. Andererseits bekommen tatsächlich immer mehr Menschen eine Zöliakie-Diagnose, weil die medizinischen Möglichkeiten zur Erkennung häufiger genutzt werden. Deshalb gibt es in vielen Supermärkten, Biomärkten und Drogerien inzwischen eine breite Palette an glutenfreien Produkten.

Was ist Gluten eigentlich genau?
Ein Protein in Getreidearten, das auch Klebereiweiß genannt wird. Gluten hat für die Backeigenschaften von Mehl eine positive Wirkung, die Backwaren gelingen damit besser und unterscheiden sich oft im Geschmack von glutenfreien Backerzeugnissen. Glutenfreie Backwaren sind häufig trockener und krümelig, weniger leicht und luftig, oft fetthaltiger, und sie sättigen weniger. Sie enthalten zum Beispiel Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl oder Flohsamen, die Gluten als Bindemittel ersetzen. Aber in den vergangenen Jahren haben sich mithilfe der Lebensmitteltechnik Textur und Geschmack glutenfreier Lebensmittel stark verbessert.