Gefahren in Kandahar

Warum gibt es in den Alpen eigentlich fünf schwarze Skipisten, die so heißen, wie die Stadt in Afghanistan? Eine Expedition in Bildern.

Garmisch-Partenkirchen

Kandahar, das klingt nach Ärger. Die Stadt im Süden Afghanistans ist die Geburtsstätte der Taliban, der Reiseführer Lonely Planet empfiehlt dort nur Hotels mit bewaffneten Sicherheitsleuten vor der Tür, erst im Dezember wurden wieder sechs NATO-Soldaten von einer Bombe getötet, und vor 130 Jahren starben hier im Anglo-Afghanischen Krieg über 3000 Männer im Staub der Steppe.

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Und dann das: Kandahar ist mitten in Europa, in den Schweizer Alpen, in Österreich, in Oberbayern, in Frankreich und Italien. Überall dort gibt es Skipisten, die Kandahar heißen. Es sind steile Abfahrten, schwarze Pisten allesamt. Der Fotograf Federico Berardi wollte wissen: Was haben diese Pisten mit einer afghanischen Stadt zu tun, in der die Menschen weiß Gott andere Sorgen haben als Wintersport?

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Die Antwort: Es liegt am englischen Feldmarschall Frederick Sleigh Roberts, der wegen seiner Erfolge bei der Schlacht in der afghanischen Steppe im Jahr 1880 »Graf von Kandahar« genannt wurde. Weil Sleigh Roberts einer der Ersten war, der Skifahren zu einem Wettkampfsport machte, wurde zu seinen Ehren der Kandahar Ski Club gegründet. In den Zwanzigerjahren hat der Verein das Arlberg-Kandahar-Rennen organisiert, ausgetragen auf Pisten, die seitdem Kandahar heißen. Doch das ist nur die eine, die sichtbare Seite dieser Geschichte.

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Die andere Seite hat mit Geräuschen zu tun, mit Stimmungen, es geht um Menschen in Gefahr. Federico Berardi hat alle Kandahar-Pisten besucht und dort mit Soldaten gesprochen, die – als Erholung vom Kriegseinsatz in Afghanistan – in den Alpen Ski fahren. Sie sehen andere Parallelen zwischen den Kandahars, sie haben von Lawinen erzählt, deren entferntes Tosen sie an Bomben erinnert. Berge und die Stadt im Krieg verlangen Menschen Ehrfurcht ab, doch im Fall Kandahar haben sich die Verhältnisse geändert.

Muerren

Früher galten die Berge als unzähmbar, und die afghanische Stadt stand für militärischen Triumph. Heute ist Kandahar ein Symbol der Gewalt. Die Berge hingegen sind längst bezwungen. Man wird in nächster Zeit oft von der Kandahar-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen hören, sie ist die wichtigste Strecke der Ski-WM. Es gibt dort einen Streckenabschnitt, dessen Name zur Geschichte der Stadt Kandahar passt. Er heißt »Hölle«.

Fotos: Federico Berardi