Mutige Frauen, dämliche Männer

Das Stimmrecht als Wille und Vorstellung: Diese Illustration ist an ein historisches Kampagnenplakat von 1914 angelehnt.
Illustration: Roman Muradov
Das andere Ende der Welt ist fortschrittlicher als Deutschland: Als erster souveräner Staat führt Australien 1902 das aktive und passive Wahlrecht für Frauen ein. Da hat die deutsche Frauenbewegung bereits fünfzig Jahre intensiver, zäher und nur teilweise erfolgreicher Kämpfe hinter sich. Anfangs steht die Forderung nach dem Stimmrecht noch nicht im Fokus, sondern vor allem Bildung und Berufstätigkeit: Der Zugang zu Gymnasien und Universitäten blieb Frauen lange versperrt, und statt eines Berufs war für Frauen aus dem Bürgertum im 19. Jahrhundert nur die Rolle als Hausmutter vorgesehen. Als Frauen-rechtlerinnen wie Helene Lange und Hedwig Dohm dies bekämpfen, schlägt ihnen wütende Ablehnung entgegen, oft mit dem Tenor, Frauen seien Männern intellektuell unterlegen.
Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts geht es dem progressiveren Teil der Frauenbewegung immer mehr um die rechtliche und politische Gleichstellung der Frau, inklusive Wahlrecht. Quer durch die politischen Lager gibt es damals Tausende Frauenvereine im Deutschen Reich, mit mehreren Hunderttausend Mitgliedern. Das ruft die Gegner auf den Plan, die »Anti-Feministen«, die sich ab 1912 im Deutschen Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation bündeln. Ungehemmt bricht sich da Bahn, was man heute »toxische Maskulinität« nennt: Mal apokalyptisch, mal pseudowissenschaftlich, mal hochmütig agitieren die »Antis« gegen die Frauenbewegung und prophezeien, was dem Reich drohe, sollten die Frauen mit ihren Forderungen Erfolg haben: der Zusammenbruch.
Der kommt nach vier Kriegsjahren 1918 tatsächlich, schuld sind allerdings nicht die Frauen, sondern die alten Eliten des Kaiserreichs. In der Novemberrevolution stürzt Kaiser Wilhelm II., am 12. November 1918 erscheint ein Aufruf der neuen politischen Führung mit dem Satz: »Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens zwanzig Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen.« Der Kampf ums Frauenstimmrecht ist damit vorüber.
Das 100. Jubiläum dieser Errungenschaft wird nun vielerorts gefeiert. Aber kaum jemand weiß noch, wie intensiv diese Auseinandersetzung jahrzehntelang geführt wurde und wie absurd viele Einwände der Stimmrechtsgegner waren. Es ist eine faszinierende Episode der deutschen Geschichte, und weil vieles davon heute unfreiwillig komisch erscheint, erzählen wir sie hier einmal anders – als Quiz.