Ein wichtiges Merkmal von Kalbfleisch ist für uns die Farbe: Hellrosa muss es sein. So sind wir es gewöhnt, denn die meisten Kälber werden unmittelbar nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und dann mit Milch, Pulvermilch oder flüssigen Futtermischungen im Stall groß gezogen. Dafür gibt es Eimer mit Gummisauger, ähnlich wie bei Babyfläschchen. In Bayern heißt das »Diezi-Kiwe«, Schnullerkübel. Solange aber Kälber nur eisenarme Flüssignahrung zu sich nehmen, bleibt das Fleisch hell, denn der rote Fleischfarbstoff Myoglobin enthält Eisen.
Es gibt einen gegenläufigen Trend: Seit Einführung der Milchquotenregelung 1984 geht der Milchviehbestand in Deutschland zurück, Grünflächen werden frei. Seitdem haben unsere Landwirte einen Teil der Milchkühe durch 693500 Mutterkühe und ihre Kälber ersetzt. Jedes Tier gefördert durch 200 Euro Mutterkuhprämie und 100 Euro Extensivierungsprämie, also die Prämie dafür, dass das Tier auf die Weide kommt. Leider wird der Anteil der Mutterkuhherden an der Gesamtviehhaltung nur noch langsam steigen, denn auch hier gibt es eine Quote und die ist ausgeschöpft. Die 693501ste Mutterkuh wird nicht mehr gefördert und bleibt damit unrentabel, zumindest in den Regionen im Westen Deutschlands, in denen die Bevölkerungsdichte hoch und Weideland knapp und teuer ist.
Wahrscheinlich leben Kuh und Kalb draußen zufriedener als im Stall, ganz sicher schmecken sie besonders gut. Trotzdem gelangt ihr Fleisch kaum in die Geschäfte, denn auch kleine Kälber fressen auf der Weide immer wieder eisenreiche Grashalme, so wird ihr Fleisch schnell dunkelrosa und das sind wir nicht gewöhnt. Um dieses Problem zu umgehen, erfand ein schlauer Werbetexter das »Baby Beef«, die Bezeichnung hat sich aber bis jetzt nicht durchgesetzt. Im Gespräch mit dem Bauern lassen wir uns dagegen leicht überzeugen, dass die Farbe des Fleisches keine Rolle spielt. Deshalb haben viele Bauern Erfolg mit dem Fleischverkauf in ihren Hofläden (Adressen finden Sie über http://www.gutes-vom-bauernhof.de). Diese Direktvermarkter lieben kleinwüchsige Rassen wie Galloway- oder Highland-Rinder. Weil sie genügsam sind und sogar Disteln fressen, weil ihr geringes Gewicht die Grasnarbe schont und weil kleine Kälber gut zu portionieren sind.
KALBSRAGOUT MIT ROTEN PAPRIKA
3 rote Paprika vierteln, entkernen, auf einem Backblech 20–25 Minuten bei 220 Grad Umluft backen, bis die Haut beginnt schwarz zu werden. Vom Blech nehmen, mit nassem Tuch zudecken, abkühlen, Haut abziehen, Paprika in Streifen schneiden. Nadeln von 4 Rosmarinzweigen mit 3 Knoblauchzehen hacken. 3 Zwiebeln schälen, halbieren, in Spalten schneiden. 1 kg Kalbfleisch in 4 cm große Würfel schneiden, in einer Pfanne mit 4 EL Öl erst Fleisch, dann Zwiebeln in 3–4 Portionen hellbraun braten. Danach alles zusammen mit Rosmarin und Knoblauch zurück in die Pfanne geben, Salzen und Pfeffern. 2 oder 3 Mal mit insgesamt 250 ml fruchtigem Weisswein löschen, immer wieder einkochen. Paprika zugeben, mit Wasser knapp bedecken, zugedeckt 45 Minuten schmoren, evtl. noch etwas Flüssigkeit zugeben. Abschmecken, 1 Bund gehackte Petersilie und 3 EL Oliven zugeben mit Gnocchi oder Reis servieren.