»Im Radio und im Fernsehen wird bei einem Unglück immer extra erwähnt, wenn unter den Opfern auch deutsche Staatsbürger waren. Sind wir besondere Tote?« Monika H., Glonn
Die Antwort lautet: Ja und Nein. Deutsche Tote sind für deutsche Medien genauso besonders wie spanische Tote für spanische Medien, japanische Tote für japanische Medien und so weiter. Irgendwie muss ja ein Ordnungssystem in all die Unglücke gebracht werden, die täglich weltweit passieren, sonst könnte keine Nachrichtensendung, könnten keine Nachrichten zusammengestellt werden. Das Prinzip, das sich hier durchgesetzt hat, fußt auf der ebenso unsympathischen wie menschlichen Eigenschaft, stets am wichtigsten zu finden, was einem am nächsten ist.
Das heißt, Nachrichten, die etwa New York betreffen, wo viele Deutsche schon mal waren, finden hierzulande eher einen Platz in den Hauptnachrichten und auf den vorderen Zeitungsseiten als Unglücke, die in Ouagadougou geschehen. Und Flüchtlingsschicksale aus der Ukraine betrauert man in Deutschland mit der diesbezüglich oft zitierten »Das könnte ich sein«-Haltung eher als solche aus Ländern, in denen die Menschen andere Haar- oder Hautfarben oder Götter haben als die, die man von zu Hause kennt. Doppelstaatsbürger sind in diesem Zusammenhang ebenfalls interessant. Das hat man jüngst an den Meldungen über die von der Hamas nach Gaza verschleppten israelischen Geiseln gesehen, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft besaßen. In einem solchen Fall haben sich nämlich auch deutsche Behörden einzuschalten – und im Todesfall wird dann auch in den deutschen Nachrichten über sie berichtet. Der Tod macht in einem Unglücksfall nämlich auch vor einer so dämlichen Fiktion wie der Nationalität nicht halt, die Bürokratie mahlt weiter. Aber im Grunde haben Sie natürlich vollkommen recht: Unter den vielen bescheuerten Dingen, die die Menschheit auszeichnen, ist es ein ganz besonders verlogenes, vornehmlich die Toten zu betrauern, deren Pass einem passt.