Es ist ein gutes Jahr, so viel kann der Kapellmeister schon sagen. Jedenfalls kein Vergleich zum letzten: »Da gab’s gar nix, wo man gesagt hat, des musst du spielen.« In diesem Jahr dagegen: gleich drei Hits! Oder besser gesagt »Aspiranten«, so nennt er die Lieder, bis das Oktoberfest begonnen hat. Jeder neue Song ist schließlich erstmal auf Bewährung. »Du kannst proben, was du willst«, sagt der Kapellmeister, »was ein Hit wird, entscheidet sich erst im Bierzelt«.
Aber es gibt natürlich Indizien. Und der Kapellmeister Wolfgang Köbele kennt sie alle. Mit der Münchner Zwietracht, der ältesten und bekanntesten Wiesnband, spielt er seit mehr als 20 Jahren hauptberuflich im Bierzelt. Köbele gilt als der Mann mit dem zuverlässigsten Riecher, als Hit-Orakel von München.
Regeln und No-Gos gibt es einige. Ein Wiesnhit darf zum Beispiel nicht unbekannt sein. Jeder im Zelt muss das Lied nach einem Takt erkennen. Andererseits sollte es noch nicht so durchgenudelt sein, dass alle die Augen verdrehen. Der Hit sollte irgendwie volkstümlich sein, aber auch schrill und etwas albern. Passend zur Stimmung im Bierzelt, dieser eigentümlichen Mischung aus Rockkonzert, Fankurve und Fernsehgarten. Wie gesagt: Es ist kompliziert.
Vor zwei Jahren begleitete ich Köbele und seine Band ein paar Monate lang auf ihrer Jagd nach dem Hit und schrieb fürs SZ-Magazin eine Reportage darüber. Damals setzte Köbele auf den »Gaucho-Song«, den die Nationalmannschaft nach ihrem WM-Sieg bekannt machte, und »Atemlos« von Helene Fischer. Er behielt recht. Und in diesem Jahr? Ein Anruf beim Hit-Orakel.
Platz 3: »Ham kummst« von Seiler und Speer
»Wahnsinn, der Song war im Frühjahr wirklich überall. Ich könnt’ mir sogar fast vorstellen, dass er sich deshalb schon wieder ein bissl verlaufen hat. Aber gut, er wird auf jeden Fall auf der Wiesn stattfinden, und wir haben ihn im Programm. Nur - so richtig knallen wird er, glaub' ich, eher nicht.«
Platz 2: »Die immer lacht« von Stereoact feat. Kerstin Ott
»Den nehmen wir auf jeden Fall mit ins Zelt. Die Nummer war wochenlang bundesweit in den Hitparaden, das wurde auf jeder Fete gespielt, da kommen wir nicht drum 'rum. Wobei ich eines sagen muss: Das ist schon eher ein Spartentitel. Der wird zwar beim Einen oder Anderen super ankommen, aber die ganz große Masse? Die erreichst du damit nicht.«
Platz 1: »Hulapalu« von Andreas Gabalier
»Eindeutig mein Favorit. Andreas Gabalier ist gerade einfach hip, und zwar bei Jung und Alt. Hat man ja gerade gesehen, als der im Olympiastadion aufgetreten ist - brutal. Das Lied kennt jeder, das geht nach vorne, der Refrain ist perfekt zum Mitsingen, das ist eindeutig das Kommerziellste, was zur Zeit unterwegs ist. Im Vergleich dazu ist alles andere Nischenmusik.«
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