Das Video machte Anfang der Woche im Netz die Runde und brachte erwachsene Menschen fast zum Weinen: Da tritt also Bruce Springsteen, der große alte Bruce Springsteen, in Brisbane auf, vor tausenden von Zuschauern wie immer. Ein Junge im Publikum hält ein Schild hoch, auf dem steht »Schule geschwänzt, hab jetzt Ärger, kann ich Growin Up mit dir spielen?« Springsteen sieht das Schild, grinst, holt den Jungen auf die Bühne – und der spielt den Springsteen-Song so souverän wie fehlerfrei. Das Publikum tobt. Der Boss grinst. Das Internet ist ausnahmslos gerührt.
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Solche Momente haben eine lange Tradition. Immer wieder holen Popstars Fans auf die Bühne, um so einen Moment besonderer Nähe herzustellen. Sie vermitteln damit jedem anderen Zuschauer im Saal: Das könntest auch du sein, eigentlich sind wir eine große Clique, ihr seid alle meine Freunde. Ein netter Moment. Eine schöne Illusion. Manchmal kann das aber durchaus für unangenehmen Nervenkitzel sorgen. Dave Grohl von den Foo Fighters zum Beispiel macht aus dem Fan-Besuch eine quälend lange – und genau deshalb lustige – Nummer: Da darf einer ans Schlagzeug, und Grohl hängt mit seinen Ansagen die Latte so hoch wie möglich, droht dem Fan, er dürfe das Lied auf gar keinen Fall versemmeln – und als es schließlich losgeht, ist man als Zuschauer einfach nur froh, dass der Kerl einen 4/4-Takt spielen kann und sich kein blaues Auge holt.
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Oft aber sieht der Fan-Besuch auch etwas kläglich aus, zum Beispiel bei den Altpunks von Green Day: Die holen bei Konzerten immer wieder Zuschauer auf die Bühne, da stehen dann blasse Schüler und Mauerblümchen mit Gitarren rum und wirken so hilflos, dass man sie gern in den Arm nehmen würde. Es ist ja nicht der Traum jedes Zuschauers, selbst in den Mittelpunkt zu rücken.
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Bei einem Konzert in Chicago aber kommt ein Fan auf die Bühne, der mit seinen rotgefärbten Haaren tatsächlich so aussieht, als sei er Mitglied der Band – und der springt gleich mal auf die Monitorboxen, spielt den Hit When I Come Around absolut perfekt und steht überhaupt in einer Selbstverständlichkeit da oben, dass die Bandmitglieder das ganze Lied durch ungläubig lachen.
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Wie es ja überhaupt das Schönste ist, wenn die Fans nicht nur wacker mithalten, sondern die Stars mit ihren Fähigkeiten überraschen. Die junge Frau, die mit Adele mithalten kann, das Mädchen, das Pink nahezu an die sogenannte Wand singt – wenn der Star genauso fassungslos ist, wie der Zuschauer, entstehen Momente, die tatsächlich ein bisschen einzigartig scheinen. Daraus ist über die Jahre fast schon ein eigenes Subgenre geworden.
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Es kann aber auch so laufen wie bei U2: Da gibt es einen Konzertmitschnitt, bei dem Bono zum Hit With Or Without You eine junge Frau auf die Bühne holt und sich mit ihr da oben auf den Boden legt. Er lässt sie aber nicht singen, er setzt sie nur als Statistin ein. Sie liegen also nebeneinander, er singt das Lied, sie schmachtet ihn an. Man könnte das doof finden. Aber nein, warum, eins ist ja klar: Für sie, die kurz zuvor noch in der ersten Reihe stand und zu ihrem Helden aufblickte, war das vermutlich der Moment ihres Lebens.
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Übrigens: Manchmal schaffen es die Fans Jahre später noch mal auf die Bühne. Und das ist die weniger bekannte Pointe an dem Springsteen-Video, das Anfang der Woche rumging: Es gibt ein älteres Video auf YouTube, es stammt aus dem Jahr 2014, ebenfalls Springsteen-Konzert, ebenfalls Brisbane, auch da holt der Boss einen Jungen auf die Bühne, der mit ihm ein Lied singt. Und es ist derselbe, der jetzt, drei Jahre später, wieder mit ihm da oben stand. Hm. Ob das wirklich nur ein hübscher Zufall ist?
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