Zukunftsmusik

Welches Lied die Charts anführte, als man zur Welt kam, kann sehr aufschlussreich sein. Wer deutsche Prominente dem Nummer-Eins-Orakel unterzieht, merkt: Das Schicksal der SPD ist eng mit Dalida verknüpft.

Wer sich regelmäßig mit den deutschen Charts beschäftigt, stößt irgendwann auf Werbung für den »Nr1Finder«. Das ist eine Möglichkeit, online alte Hits nachzuschlagen, oder wie der Slogan fragt: »Welcher Song war an Deinem Geburtstag auf Platz 1 in den deutschen Charts?« Naja, nette Idee, denkt man da zunächst, aber was soll das schon aussagen. Genauso gut könnte man nachsehen, wie die Sterne am Tag der Geburt ... – Moment mal, daran glaubt ja jeder zweite. Dann spricht doch bitte auch nichts gegen ein Hit-Orakel. Also: Was verraten uns die Songs über Charakter und Lebensweg bekannter Deutscher?

Zum Beispiel Günther Jauch 1956: Als der geboren wurde, stand gerade Bill Haley auf Platz eins der deutschen Charts. »Rock Around The Clock«. Ein Chartologe hätte dem neugeborenen Günther voraussagen können, dass er eines Tages rund um die Uhr präsent sein wird. Leider hat Jauch dann als Polit-Talker nicht ganz so gerockt wie als Quiz-Moderator.

Helene Fischer ist Jahrgang 1984, am Tag ihrer Geburt stand die Band Frankie Goes To Hollywood auf Platz eins mit »Two Tribes«. Also bitte, wenn das nicht deutlich ist: Der kleinen Helene wurde geradezu in die Wiege gelegt, das Land später in zwei Stämme zu spalten. Bis heute stehen sich Helene-Fans und Helene-Hasser unversöhnlich gegenüber.

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In anderen Fällen verrät das Lied eher etwas über das individuelle Lebensglück. Bei Boris Beckers Geburt 1967 sang die Schlagersängerin Peggy March »Romeo und Julia«, Romeo Becker verbrachte später prompt viel Zeit mit der Suche nach der richtigen Julia. Hätte er genauer hingehört, wäre er nicht in dunklen Besenkammern gelandet, sondern hätte draußen gesucht: »Die Leute in unserer Straße, die reden von dir und mir / Wenn wir uns verliebt umarmen vor der Tür.«

Der Hit zu Heidi Klums Geburt 1973 stammt von dem etwas vergessenen Sänger Gilbert O'Sullivan: »Get Down«. O'Sullivan meint in dem Text wohl einen lästigen Hund, ganz genau ist das nicht zu erkennen; aus Heidi wurde später eine Frau, die junge Mädchen auffordert, vom Laufsteg herabzusteigen – mit dem Hinweis, sie habe leider kein Foto für sie. Die Mädchen sind dann tatsächlich immer ziemlich down.

Und wie sieht es mit der Politik aus? Naja, ein Blick auf Sigmar Gabriels Geburt im Jahr 1959 hätte früh klarmachen können, dass dieser Mann die SPD nicht unbedingt ans Licht führen wird: Der Song seines Lebens stammt von Dalida und heißt »Am Tag als der Regen kam«.

Am Tag von Frauke Petrys Geburt 1975 war die britische Band Sweet auf Platz eins, der Song hieß »Fox On The Run«. Die Petry-Wähler wollen alles und jeden in die Flucht schlagen, vom Kriegsflüchtling bis zur Kanzlerin, das Lied passt also halbwegs. Aber man möchte der Frau dann doch lieber das Geburtstagslied von Heidi Klum entgegensingen.

Schließlich würde einen natürlich noch interessieren, was der Geburtstags-Hit über die Kanzlerin verrät, ihre Zukunft wird schließlich im Moment viel diskutiert. Aber: Wie Angela Merkel selbst schweigt auch das Orakel gelegentlich. Warum? Die Charts werden erst seit 1956 erhoben, Merkel ist Jahrgang 1954. Kann ihr aber egal sein, im Moment steht sie ja selbst auf Platz eins.

Foto: dpa, Lam Yik Fei/Getty Images, AFP