Das Klassentreffen

Rainer Werner Fassbinder hat sie gelobt, gequält und geprägt: Die Schauspielerinnen Hanna Schygulla, Irm Hermann, Eva Mattes und Margit Carstensen sprechen zum ersten Mal miteinander über ihre Zeit mit dem großen Regisseur.

Es hat geklappt. Da sind sie, die vier Frauen, am Sonntag Vormittag im Roten Salon der Volksbühne, denn auf eine Bühne gehören sie. Es sind große Schauspielerinnen, alle vier: Irm Hermann, Hanna Schygulla, Eva Mattes, Margit Carstensen. Und es ist ein kleines Wunder, dass dieses Treffen fürs SZ-Magazin klappt.

Sie sind keine Freundinnen, das stellen sie gleich klar. Können sie auch nicht sein, denn sie sind verbunden durch einen Mann, Rainer Werner Fassbinder, deutsches Filmgenie, gestorben 1982, da war er 37 Jahre alt und hatte eine Menge Filme gemacht. Als er nicht mehr da war, fiel alles auseinander, sagt Hanna Schygulla im Gespräch. Und auch wenn die Frauen im ersten Moment den Kopf schütteln auf die Frage, ob das Treffen jetzt eine Art Klassentreffen sei, ist es doch genau das, was ein Klassentreffen ausmacht: Dass es einen äußeren Grund gibt, zusammen zu sein, und wenn der wegfällt, ist es vorbei. Jahre oder Jahrzehnte später trifft man aufeinander und beobachtet, was aus allen so geworden ist.

Irm Hermann lebt in Berlin, hat geheiratet, zwei Söhne bekommen und ist dem Theater immer treu geblieben. Hanna Schygulla wurde mit den späten Fassbinder-Filmen wie »Lili Marleen« und »Die Ehe der Maria Braun« ein international bekannter Star, folgte ihrer großen Liebe nach Paris, pflegte fast zwanzig Jahre lang ihre Eltern und kehrte 2007 in Fatih Akins Film »Auf der anderen Seite« auf die Leinwand zurück. Margit Carstensen arbeitete ihr Leben lang fest in Ensembles, ist jetzt in Rente, lebte mit ihrem Mann auf Mallorca und zog vor vier Jahren nach Nordfriesland. Eva Mattes wohnt mit ihrer Familie in Berlin-Kreuzberg, spielte nach der Fassbinder-Zeit vor allem Theater und ist seit 14 Jahren als Kommissarin Klara Blum im Tatort vom Bodensee im Fernsehen präsent.

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Am Sonntag, dem 4. Dezember, wird der letzte Tatort mit Eva Mattes ausgestrahlt. Zum Abschied treten dort auf: Irm Hermann, Margit Carstensen, Hanna Schygulla. Klar haben sie während des Drehs ab und zu über Fassbinder geredet, sagen sie am Sonntag im Roten Salon. Aber nicht nur, so viel Zeit war auch gar nicht. Umso mehr Zeit ist beim Treffen fürs SZ-Magazin. Es geht um Abschiede und Wiedersehen. Es geht um Fassbinder, klar. Aber es geht auch um die Frauen selbst, damals und heute, mit und ohne Fassbinder.

Bis Irm Hermann irgendwann auf die Uhr schaut und sagt, sie muss los, die Proben beginnen um vier. Am Abend hat sie Vorstellung an der Volksbühne, Bekannte Gefühle, gemischte Gesichter von Christoph Marthaler. Sie fragt, »Hanna, möchtest du nicht bleiben?« Da ist sie schon am Telefon und besorgt Hanna Schygulla eine Karte für den Abend. Eva Mattes denkt kurz darüber nach, für Sophie Rois, die krank ist, einzuspringen und singen, aber sie ist schon verabredet, ihre »kleine Hanna« wartet, die 30-jährige Tochter. Und Margit Carstensen begibt sich zurück auf die lange Fahrt von Berlin nach Nordfriesland.

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"Als es ihn nicht mehr gab, ist alles auseinandergefallen"

Die Schauspielerinnen Hanna Schygulla, Irm Hermann, Eva Mattes und Margit Carstensen sind verbunden durch einen Mann: Rainer Werner Fassbinder. Er hat sie gelobt, gequält, geprägt. Jetzt reden sie erstmals miteinander über die Zeit mit der Ikone des Neuen Deutschen Films.

Foto: Markus Jans