Beim Bootfahren ist es wie im Radsport. Es gibt Stilisten und solche, die nur treten. Die Arme auf Höhe der schmalen Schultern angewinkelt, bemüht sich der Ruderbootfahrer um fließende Bewegungen. Dabei rutscht er mit dem Hintern vor und zurück, so wie er es im Fernsehen beim Deutschland-Achter beobachtet hat. Tretbootfahrer sind für ihn fahrende Springbrunnen. Er findet das Gestrampel unwürdig und gleitet lieber über den See – wenn auch im Zickzackkurs. Leider kann er nämlich nicht sehen, wohin er fährt. Für den Tretbootfahrer sind Ruderer deshalb nicht viel besser als geisterfahrende Rentner auf der Autobahn. Er hingegen beherrscht mit der linken Hand das Plastiklenkrad und begrapscht mit der rechten seine Frau. Gemein haben Ruderer und Treter die Problemzone: eine beachtliche Plauze. Sie manifestiert sich jedoch unterschiedlich. Durch die einwirkende Beinkraft auf das Pedal überstreckt der Tretbootfahrer seinen Rumpf nach hinten, seine Schinkenschürze strafft sich und verleiht ihm eine längst verloren geglaubte Sportlichkeit. Der Ruderbootfahrer sitzt nach vorn gekrümmt. Sein Bauchspeck verdichtet sich zu einer festen Rolle, die warm auf den Oberschenkeln aufliegt. Auf körperliche Schönheit können also beide nicht setzen, um Frauen zu beeindrucken. Bleibt die Romantik, die dem Proleten im hässlichen Tretboot natürlich verwehrt ist – glaubt der Ruderer im schönen Holzboot. Da irrt er sich. Tretboote gibt es neuerdings auch in Schwanenform.
Fotos: dpa/ddp
Ruderbootfahrer & Tretbootfahrer
Zwei, die nicht miteinander können