»Sich zu entschuldigen ist nicht herabwürdigend«

Das Psychotherapeuten-Paar Imke Herrmann und Lars Auszra verrät, wie man Kränkungen wiedergutmacht, worauf es bei Entschuldigungen im Beruf und in persönlichen Beziehungen ankommt und wie Verzeihen gelingt.

Illustration: Chiara Brazzale

SZ Magazin: Ich bin jemand, der sich ständig entschuldigt, für jede Kleinigkeit. Woher kommt dieses Bedürfnis?
Imke Herrmann: Bei meinen E-Mails heute Morgen ist mir auch aufgefallen, was Sie gerade beschreiben: Ich entschuldige mich in jeder zweiten Mail dafür, dass ich so lange nicht geantwortet habe, weil ich nicht möchte, dass die anderen sauer auf mich sind. Das ist auch der Hauptgrund, warum man sich überhaupt entschuldigt: um zu verhindern, dass die anderen sauer oder enttäuscht sind.
Lars Auszra: Es gibt auch Menschen, die sich nie entschuldigen. Denken Sie mal an Donald Trump. Und es gibt die anderen: die schon das Gefühl haben, sie stören, nur weil sie existieren. Ich hatte mal eine Patientin, die, wann immer sie in einem vollen Raum war, das Gefühl hatte, sie müsse erklären, warum sie auch noch da ist. In ihr war das Grundgefühl: Ich bin zu viel, ich habe keinen Platz. Das ist zwar ein extremes Beispiel. Aber viele tragen in sich das Gefühl, bloß nicht zu viel Raum einnehmen zu dürfen.