SZ-Magazin: Mir ist kürzlich ein Buch in die Hand gefallen mit dem Titel: Pucki als junge Hausfrau. Es erschien 1951, auf dem Einband steht: »Im liebevollen Zusammenwirken mit einem reiferen Manne findet auch Pucki ihre Lebensform, und unsere jungen Mädchen erfahren aus diesem Buch, wie ein empfängliches Frauengemüt in hingebendem Vertrauen sich formen lässt.« Auf was für ein Publikum trifft dieses Buch damals?
Hedwig Richter: In der unmittelbaren Nachkriegszeit geht es ums Überleben, viele leiden Hunger, ein großer Teil der Wohnungen ist zerstört, zugleich müssen zwölf Millionen Flüchtlinge aus ehemaligen deutschen Gebieten untergebracht werden. Dafür ist die Gesellschaft nach heutigen Maßstäben offen, experimentierfreudig. Viele Männer sind tot, verschollen oder in Kriegsgefangenschaft, viele Frauen deshalb Witwen oder alleinerziehend. Die Scheidungsraten schnellen nach oben, es gibt uneheliche Kinder, Vollwaisen, Halbwaisen. Das ist einerseits tragisch, andererseits stößt es ein Fenster der Liberalisierung auf. In den Frauenzeitschriften wird damals diskutiert, ob man nicht sogenannte Mütterfamilien einrichten sollte oder ob die Dreierbeziehung ein Zukunftsmodell sein könnte, wenn es so wenige Männer gibt.
»Hausfrauen wurden schon immer attackiert und verachtet«
Sie sorgte für Frieden nach dem Krieg, wurde zur 70-Stunden-Malocherin, dann zum Inbegriff der Ungleichheit: die Hausfrau. Historikerin Hedwig Richter über die prägendste Figur unserer Gesellschaft und die Frage, warum sie vor einem Comeback stehen könnte.