Warum Männer ihre Socken herumliegen lassen

Dieses Alltagsrätsel schleppt unsere Autorin schon lange mit sich herum. Zumindest hat sie eine Antwort darauf, warum diese Unachtsamkeit kaum bei Frauen vorkommt.

Kann Spuren von Socken enthalten: die moderne Liebesbeziehung.

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Mir schon klar: In einer Partnerschaft zählen die großen Dinge, Zusammenhalt, Vertrauen, Verlässlichkeit. Wenn aber die großen Fragen geklärt sind, fällt der Blick ja doch auf die kleinen. Auf die Socken zum Beispiel, die überall in der Wohnung auf dem Boden rumliegen, getragen, umgestülpt, jede Socke eine Mischung aus Wurm und missglücktem Kuchen aus dem Sandkasten-förmchen. Die Socken gehören meinem Mann. Mein relatives Glück: Seine Socken riechen nie, egal wie heiß es war, als er sie anhatte, und Sneakers, die Urmütter allen Schweißgeruchs, trägt er nicht gern. Außerdem sind alle seine Socken lang genug, nie blitzen seine Wadl raus, wenn er die Beine übereinanderschlägt. Mein Pech – und Millionen Frauen wissen, wovon ich rede – besteht darin, dass die Socken auch dann liegen bleiben, wenn er am nächsten Morgen frische anzieht. Und am übernächsten Morgen liegen schon zwei Paar Würmer da. Und am übernächsten Morgen … Ein paar drängende Fragen:

1. Wie lange werden sie dort liegen bleiben?
2. Warum räumt er sie nicht weg?
3. Warum lassen Frauen nie ihre Socken oder Strümpfe auf dem Boden
4. Warum machen das fast alle Männer so?
5. Warum ist es sinnlos, mit ihnen über diese Tatsache zu sprechen?

Traurig, dass sich die Antworten auf die Fragen eins, zwei und fünf auffallend ähneln: »Ich? Socken liegen lassen? Mach ich doch gar nicht.« / »Müsste ich schließlich wissen.« / »Vielleicht ausnahmsweise mal, ganz kurz, weil ich müde ins Bett falle. Aber sonst nie.«

Zu den vielen Eigenschaften, die ich rückhaltlos an meinem Mann schätze, gehört diese nicht. Er meint dann: Wenn es mich störe, solle ich halt was sagen. Ein Argument, das auch in Väter-Blogs immer wieder auftaucht, Stoßrichtung: »Liebe Frauen, wir Männer haben eine andere Auffassung von Ordnung. Macht einfach den Mund auf, und wir ändern es.« Das entzückt mich einerseits und macht mich ratlos andererseits. Soll ich wirklich jeden Abend und jeden Morgen auf den Boden deuten und denselben Satz sagen: »Deine Socken liegen noch da«? Soll ich froh sein, dass er noch nie zurückgeblafft hat: »Wenn du das nicht erträgst, dann heb sie halt selber auf«?

Unter den Rissen, die durch die Gesellschaft gehen, wurde diesem zu wenig Beachtung geschenkt. Fast alle Männer, die ich zum Thema Socken befragt habe, sind der Überzeugung, dass sie sie nie auf dem Boden liegen lassen. Fast alle Frauen, die schon länger mit einem Mann zusammenleben, erzählen vom Gegenteil. Ein Beispiel aus der Sicht der mir bekannten Frauen: »Männer können wohl aus genetischen Gründen ihre Socken nicht anders ausziehen als umgedreht. Als ich noch mit zwei Söhnen und deren Vater zusammenlebte, erinnerte mich die Wohnung manchmal an Hänsel und Gretel: Statt den Brotkrumen zu folgen, musste man nur den in der Wohnung verteilten, übel riechenden Socken nachgehen, um das jeweilige männliche Exemplar zu finden.«

Zu Frage drei, warum Frauen so gut wie nie Socken oder Strümpfe herumliegen lassen, sind sich Erziehungswissenschaftler, Soziologen, Feministinnen und Genderforscherinnen quasi einig: Frauen werden immer noch von klein auf dazu erzogen, zu Hause mehr auf Ordnung zu achten als Männer. Männer lassen die Zahnpastatube offen, Frauen räumen die Zuckerdose gleich an den richtigen Platz zurück, Männer lassen sie stehen oder stellen sie irgendwohin, wo gerade Platz ist. Und so lassen Frauen, also auch ich, ihre Socken eben nicht auf dem Boden liegen, nicht einmal die hautfarbenen Seidenstrümpfe, die ja im Grunde niemand sähe. Entweder ab in den Wäschekorb, zur Überbrückung auch mal zusammengelegt zwischen Hose und Pulli auf den Schlafzimmerstuhl, oder gleich zurück in die Strumpfschublade. Apropos: In der meines Mannes ist alles grau, auch die Socken, die mal blau oder schwarz waren. Sie sind durchs Waschen gräulich geworden. Auch wenn er nie weiße Tennissocken anziehen würde, wie sie gerade wieder Mode werden, so liegt in seiner Schublade doch eine beträchtliche Summe einzelner grau-gräulicher Socken, die keinem Zwilling zuzuordnen sind. Dabei schwärmt er von der Angewohnheit eines Freundes, der seit mindestens zehn Jahren die immer gleichen Socken in der gleichen Farbe von derselben Firma kauft. Warum er es nicht auch so macht? Tja, wenn ich das wüsste.

Die Antwort auf Frage vier, warum fast alle Männer ihre Socken da liegen lassen, wo sie sie ausziehen, ist noch offen. Und delikat, auch wenn die Quellenlage dürftig ist: Sexualforscher wollen herausgefunden haben, dass Fußschweiß, wie er auch Socken anhaftet, in seiner Zusammensetzung jenen Duftstoffen ähnelt, die im Genitalbereich produziert werden und sexuell stimulierend sein sollen. Ob das jetzt die Lösung ist?