Karl Lagerfeld
Ich musste als Designer eigentlich noch nie irgendetwas ertragen. Ich habe mich höchstens einmal schrecklich gelangweilt, als ich Ende der Fünfzigerjahre für das Couturehaus Jean Patou arbeitete und nur zwei Kollektionen mit 70 Kleidern pro Jahr entwerfen sollte. Dabei wurde doch damals die Konfektion wichtig! Letztlich bin ich deshalb freiberuflicher Designer geworden, was Anfang der Sechziger ungewöhnlich war, und habe gleichzeitig für Chloé, Krizia, Charles Jourdan und all die anderen gearbeitet. Für Chloé habe ich 20 Jahre lang entworfen, Fendi mache ich noch immer, Chanel seit 30 Jahren, alles natürlich lebenslange Verträge. Selbst bei meiner eigenen Linie bin ich nur Söldner, aber mit der habe ich ja damals sowieso nur wegen der Kollegen angefangen, die mit mir gehen wollten, als ich Chloé verließ, und weil wir schon mehrere Investoren hatten. Jedenfalls war ich seit meiner Zeit bei Patou nie mehr angestellt, von niemandem! Und das wird auch immer so bleiben.
Karl Lagerfeld, nach eigenen Angaben 73, entwirft neben seinen Kollektionen für Chanel, Fendi und Karl Lagerfeld jetzt auch noch eine gün-tigere Linie namens »Karl«.
Diane von Fürstenberg
Ich kam 1970 mit dem Schiff nach New York, einen Koffer voll Jerseykleider im Gepäck, die ich in Italien in einer Fabrik hatte fertigen lassen. Mir wäre es am liebsten gewesen, die Reise hätte extralang gedauert, weil ich nicht wusste, was mich in Amerika erwarten würde. Ich war frisch verheiratet und schwanger, wollte aber unabhängig sein und mein eigenes Geld verdienen. Tatsächlich bekam ich einen Termin bei Diana Vreeland, der damaligen legendären Chefin der amerikanischen Vogue. Ich war unglaublich nervös und sehe jedes Detail bis heute vor mir: Die satten roten Wände in ihrem Büro, alle Mitarbeiter waren so glamourös, nur ich kugelrund. Glücklicherweise mochte Diana Vreeland meine Kleider und gab mir den Rat, während der Fashion Week eine Hotelsuite zu buchen, um sie dort zu präsentieren. Das habe ich dann gemacht, es war der Anfang von allem. New York war unglaublich damals, es war die Zeit des »Studio 54«, Aids noch kein Thema, alle waren frei und jung und alles schien möglich. Das fühle ich in New York noch immer: Alles ist möglich.
Die belgisch-amerikanische Designerin Diane von Fürstenberg, 65, gründete ihr Modelabel 1970 und wurde vier Jahre später als Erfinderin des Wickelkleids weltberühmt. Seit 2006 ist sie außerdem Präsidentin des Council of Fashion Designers of America.
Giorgio Armani
Das größte Opfer am Anfang meiner Karriere? Mein erstes Auto verkaufen zu müssen, meinen »Maggiolino«, einen weißen VW Käfer Cabrio. Ein Auto, das damals - in diesem Modell und in dieser Farbe - einen besonderen Reiz hatte und auch ein bisschen angeberisch war, wenn man damit durch Mailand fuhr. Ich habe es geliebt und konnte mich nur sehr schwer davon trennen, obwohl es mit den Kunstledersitzen doch recht spartanisch war. Aber ich brauchte damals das Geld, um meine eigene Firma »Giorgio Armani« zu gründen. Vorher hatte ich bei einem großen Kaufhaus als Schaufenster-dekorateur gearbeitet, dann für den Designer Nino Cerruti, nun war es an der Zeit, endlich meine eigene Linie zu entwerfen. Ich habe diesen Käfer nie vergessen und mir, sobald ich es mir leisten konnte, sofort einen neuen gekauft.
Giorgio Armani, 78, gründete 1975 sein eigenes Unternehmen und begann früh, Hollywood-Schauspieler einzukleiden und Filme auszustatten. Heute zählt er zu den erfolgreichsten Modeschöpfern der Welt.
Wolfgang Joop, Renzo Rosso & Co.
Matthew Williamson (mit Sienna Miller)
Matthew Williamson
1997 hatten wir gerade unsere erste Modenschau unter dem Motto »Electric Angels« in London gezeigt und waren am nächsten Tag auf allen Titelseiten abgebildet. Wegen Kate Moss und Jade Jagger und Helena Christensen auf dem Laufsteg, die diese knalligen, magentafarbenen Kleider getragen hatten. Mein Partner Joseph und ich bekamen die blanke Panik: Wir lebten und arbeiteten in einem winzigen Ein-Zimmer-Apartment und plötzlich riefen all diese Leute an, um mit uns zu reden. Einkäufer wollten vorbeikommen und die Kollektion sehen. Dabei hatten wir weder ein Team noch Ahnung vom Geschäft. Ich rief also meine Eltern in Manchester an, die kurzerhand entschieden, sich für ein paar Wochen freizunehmen, um uns zu helfen. Am Ende blieben sie sieben Jahre.
Matthew Williamson, 40, führt seit 15 Jahren sein eigenes Label in London und war unter anderem Chefdesigner der italienischen Marke Pucci.
Aquilano.Rimondi
Heute können wir darüber lachen, aber die erste Modenschau für unser eigenes Label war eine einzige Katastrophe. Die Show fand in einer Galerie statt, wo es keinen Backstagebereich gab. Der einzige Raum, den wir nutzen konnten, war der Abstellraum eines Restaurants. Die Models zwischen Tellern und Pfannen anzuziehen war schon umständlich genug, aber: Das Restaurant grenzte nicht an die Galerie, sondern lag auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Mädchen mussten also jedes Mal die Straße überqueren, und dann fing es auch noch an zu regnen. Eines der Models bekam einen hysterischen Anfall und ohrfeigte eine der Assistentinnen. Zu allem Überfluss hatte unser Stylist vor Aufregung alle Gürtel in einer Kiste im Kofferraum eines Taxis liegen lassen, weshalb wir vorher noch den ganzen Parkplatz am Mailänder Flughafen Linate nach dem Taxifahrer mit den Gürteln absuchen mussten. Hinterher sagten wir uns: Wenn wir es geschafft haben, diese Modenschau zu überleben, schaffen wir jetzt wohl alles.
Die italienischen Designer Tommaso Aquilano, 45, und Roberto Rimondi, 50, gründeten ihr Label Aquilano.Rimondi 2008 und entwarfen bereits für das Haus Gianfranco Ferré. Seit vergangenem Jahr sind sie außerdem Chefdesigner der italienischen Luxusmarke Fay.
Renzo Rosso
Mein erster Job nach der Schule war bei einer Firma namens Moltex, die Adriano Goldschmied gehörte, der damals die coolsten Jeans machte: die »Daily Blue«. Allerdings hatte ich bei meinem Einstellungsgespräch ein bisschen geschummelt. Meine Arbeitserfahrung war eher theoretisch, das, was ich an der Textilfachschule in Büchern über die Jeansindustrie gelernt hatte. Und plötzlich stand ich zwischen einem Haufen zugeschnittener Jeansteile in einer Fabrikhalle und sollte 18 Arbeiter am Fließband überwachen! Dabei hatte ich nicht die leiseste Ahnung, wie so eine Maschine wirklich funktionierte. In meiner Verzweiflung rief ich einen Freund an, der schon einmal in einer Textilfabrik gearbeitet hatte, und schrie: »Sag mir, was ich tun soll!« Ich glaube, ich habe ihn an diesem Tag zehn Mal angerufen. Immer wieder. Wie in einem schlechten Film. Aber gemerkt hat keiner was. Und nach ein paar Monaten wurde ich sowieso zum Militärdienst eingezogen. Auch das hatte ich beim Einstellungsgespräch verschwiegen.
Der Italiener Renzo Rosso, 56, gründete 1978 die Jeansmarke Diesel. Zu seiner Holding »Only the Brave« gehören mittlerweile auch die Marken Maison Martin Margiela und Viktor & Rolf.
Wolfgang Joop
Anfang der Siebzigerjahre arbeitete ich als Modezeichner und berichtete von den Schauen in Paris. Von dort kamen die Dogmen, nach denen sich die Welt zu richten hatte! Sie zu befolgen war allerdings nicht leicht: Solche Kleidung war zu Hause kaum zu finden, und wenn, unbezahlbar. Also brachten die Magazine Anleitungen zum Selbermachen. Das Modehaus Dorothée Bis hatte für den Winter grobmaschige Strickmäntel und Ponchos in regenbogenfarbenen Ringeln entworfen. Die Zeichnung und Anleitung für ein solches bodenlanges Modell war übers Wochenende fertigzustellen. Da ich selbst aber nicht stricken konnte, rief ich bei einer Strickkünstlerin an. (Allerdings war ich nicht davon ausgegangen, dass ein halbwegs intellektueller Leser tatsächlich würde stricken wollen.) Ich notierte also: Zwei Reihen beige, eine Reihe braun, drei Reihen grau … Die Aufzählung der Wollringel von Schulter bis zum Knöchel hätte zwei Drittel meiner Seite eingenommen, wo blieb da meine Zeichnung? Ich addierte also clever alle Zeilen zusammen und schrieb: »Wählen Sie Farben nach Ihrem Geschmack und stricken Sie nach Herzenslust Ihren Poncho in etwa xxx Ringeln. Nehmen Sie starke Nadeln, der Winter kommt bald!« Als ich das nächste Mal in der Redaktion vorbeischaute, überreichte mir die Sekretärin ungewohnt schmallippig einen Karton voller Briefe. Der Inhalt war hilfloses Klagen oder wüste Beschimpfung: »Wir sind jetzt, Herr Joop, mit einer Art Frisier-Umhang bis zur Schulterspitze vorgedrungen - sagen Sie uns bitte, wie geht’s nach Ihrer Anleitung weiter?« Die Antwort bin ich bis heute schuldig geblieben, und die Vorstellung, dass irgendwo in Deutschland lauter nutzlose, mittlerweile von Motten zerfressene Riesen-Wollkragen herumliegen, finde ich äußerst belas-tend. Mit diesen Zeilen bitte ich meine Leser von damals nun um Vergebung, Ähnliches kam nie wieder vor.
Wolfgang Joop, 67, entwarf von 1982 bis 2001 für seine Marke Joop! Heute führt er das Label Wunderkind.
Fotos: Getty, dpa, Reuters