Raf Simons ist ein introvertierter Mensch. Während andere Designer nach ihren Schauen gern das Publikum abschreiten, um im Beifall zu baden, lugt der Belgier meist nur kurz hinter dem Vorhang hervor, winkt und ist weg. »Meine Sachen gehören auf die Bühne, nicht ich«, sagt er.
Er trägt gern weiße Turnschuhe und hellblaue Hemden, und das Auffälligste an ihm ist wohl seine Unauffälligkeit. Und doch sprechen gerade alle von dem Mann, der Kreativdirektor bei Jil Sander ist und auch noch sein Label »Raf Simons« weiterführt. Weil da nämlich endlich wieder einer ist, der nur seine Mode sprechen lässt. Und dafür eine unverwechselbare, neue Sprache gefunden hat. Eigentlich wollte Simons, 40, Möbeldesigner werden, doch dann fing er an, Mode für Männer zu entwerfen, 1995 war das, in Antwerpen. Er führte die ultraschmale Silhouette ein und zeigte sie an Jungs von der Straße, nicht an Models, lang bevor Hedi Slimane das Gleiche tat. 2005 übernahm Simons den Posten des Kreativdirektors bei Jil Sander und betrat selbst Neuland: Nun musste er auch für Frauen designen. Doch die Zweifler verstummten schnell.
In nur vier Jahren baute er Jil Sander zu einem der wichtigsten Taktgeber der Branche auf: mit futuristisch anmutenden High Heels, nie gesehenen Schnitten und einem untrüglichen Gespür für Hightech-Stoffe: »Ich stelle mir vor, wie die Zukunft aussehen könnte, ästhetisch wie psychologisch. Das ist schwer, denn man muss immer in der Vergangenheit anfangen. Ich möchte das Rad der Mode weiterdrehen, denn die Mode, die ich sehe, bringt mich nicht mehr zum Denken, sie bringt mich nicht zum Träumen.«
Illustration: Jeanne Detallante