Der Goldgräber: Daiki Suzuki

Zur Inspiration stöbert der Designer auf Flohmärkten herum. Dort macht er sich auf die Suche nach ungehobenen Schätze. Kleider sind für ihn nicht nur Stoff, sondern Geschichtenerzähler.

Für Ihre Mode bedienen Sie sich am liebsten in der Geschichte. Wonach genau suchen Sie?
Nach ungehobenen Schätzen. Seit über zwanzig Jahren beschäftige ich mich mit amerikanischer Freizeitbekleidung. Zuerst als Einkäufer und Scout für eine japanische Boutique, dann als Designer in New York. Wobei ich mich gar nicht als Designer betrachte. Ich setze alte Dinge neu zusammen. Für mich sind Kleider mehr als nur gute Stoffe, gute Verarbeitung, guter Schnitt. Mir geht es um die Geschichten dahinter.

Erzählen Sie doch mal eine.
Anfang des 20. Jahrhunderts ging man in den USA mit Wolljacke und Krawatte zum Fischen. Oder mit Fliege zur Fuchsjagd. Man machte sich schick, obwohl man nur in den Wald ging. Das will ich wieder zum Leben erwecken. Es gibt Leute, die meinen, Amerika hätte gar keine Modetradition.
Alles kommt aus Europa, das stimmt. Die Karomuster aus Schottland, die Regenmäntel aus England, der Jeansstoff aus Frankreich. Die Immigranten brachten alles mit. Amerika hat das Beste übernommen und zu einem eigenen Stil entwickelt, der bis heute die Mode dort prägt.

Auch Sie übernehmen viel, wie kommen Sie zu Ihren Vorlagen?
Ich bin regelmäßig auf Flohmärkten und suche da gezielt nach alten Outdoor-Magazinen und Ratgebern. Ich habe schon ein stattliches Archiv, das bis etwa ins Jahr 1910 zurückreicht. Das ist meine größte Fundgrube.

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Seit wann fasziniert Sie amerikanische Freizeitmode?
Sie war ein großer Trend in Japan in den Siebzigerjahren. Es gab sehr populäre Magazine wie Popeye oder Made in USA. Ich verschlang jede Ausgabe, wollte aussehen wie die Teenager in Amerika, wollte auch Frisbee spielen oder Skateboard fahren. Als ich zum ersten Mal eine Daunenjacke sah, dachte ich wirklich, es wäre ein Schlauchboot.

Ihr Ideal guter Kleidung?

Gute Mode kann man immer anziehen, sie ist keine Verkleidung. Kennen Sie das Gefühl, bei einer Hochzeit herumzustehen und sich zu denken: Nicht ich trage den Anzug, sondern er trägt mich. Ich mag Mode, der ich meinen Stempel aufdrücke, nicht umgekehrt.


Daiki Suzuki, 41, ist Chefdesigner der Exklusivlinie »Woolrich Woolen Mills« und Inhaber des Labels
»Engineered Garments«.

Illustration: Jeanne Detallante